Gut einen Monat nach dem Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilisten hat die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation offenbar die Kontrolle über den Norden des Küstenstreifens verloren.
Israels Regierungschef Netanjahu sagte, Hamas-Kämpfer hätten "keinen sicheren Ort mehr, um sich zu verstecken". Zuvor hatte bereits das Militär mitgeteilt, die Hamas kontrolliere den Norden nicht mehr. Ob das auch für das weit verzweigte Tunnelsystem gilt, ist nicht klar.
Die Lage in den Krankenhäusern vor allem im heftig umkämpften nördlichen Teil wird unterdessen immer dramatischer. Israel vermutet unter dem Schifa-Krankenhaus, dem größten Klinikkomplex des Gazastreifens, eine Kommandozentrale der Hamas. Nach Angaben eines Arztes, der in dem Krankenhaus arbeitet, wird in unmittelbarer Nähe des Spitals weiter heftig gekämpft. Es gebe laufend Luftangriffe, die medizinische Versorgung von Patienten sei mangels Strom, Wasser und Medikamenten fast zum Erliegen gekommen. Mehrere Patienten seien deshalb bereits gestorben. Im Schifa-Krankenhaus sollen sich noch Hunderte Patienten befinden. Zudem haben dort Tausende Geflüchtete Zuflucht gesucht.
Israel kündigt Fluchtkorridor für Zivilisten aus Schifa-Krankenhaus an
Am Sonntagmorgen hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben erneut Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem besonders umkämpften Norden des Gazastreifens in Richtung Süden geöffnet - bis Sonntagnachmittag um 16 Uhr Ortszeit. Allerdings gibt es auch im Süden Luftangriffe.
Den Angaben des israelischen Militärs zufolge dürfen palästinensische Zivilisten das Krankenhaus verlassen und sich durch einen sicheren Korridor in den Süden des Gazastreifens begeben. Nach Angaben des Klinikpersonals gerieten Menschen, die das Krankenhaus verlassen wollten, unter Beschuss. Außerdem hat die israelische Armee zugesagt, bei der Evakuierung von Babys in andere Krankenhäuser zu helfen.
WHO in Sorge um Mitarbeiter im Schifa-Krankenhaus
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu Mitarbeitern des Schifa-Krankenhauses im heftig umkämpften Gazastreifen verloren. Man gehe davon aus, dass sich die Kontaktpersonen den Zehntausenden Vertriebenen angeschlossen hätten, teilte das Regionalbüro der WHO mit und rief erneut zu einem "sofortigen Waffenstillstand" auf.
Die WHO mache sich "große Sorgen um die Sicherheit des medizinischen Personals, Hunderter kranker und verletzter Patienten". Darunter seien auch Säuglinge, die lebenserhaltende Maßnahmen benötigten, sowie Vertriebene, die in dem Gebäude Schutz suchten.
Palästinensischen Berichten zufolge war die Klinik zuletzt mehrfach unter Beschuss geraten. Israels Armee dementierte Vorwürfe über Angriffe und warf Hamas-Terroristen vor, sich gezielt in der Nähe des Krankenhauses zu positionieren. Die israelische Armee hat angekündigt, am Sonntag dabei zu helfen, Babys aus der Kinderabteilung in ein sichereres Krankenhaus zu verlegen.
Angriffe in der Nähe des Al-Kuds-Krankenhauses
Nach Augenzeugenberichten sind israelische Panzer auf zentralen Straßen der Stadt Gaza im Einsatz. Der Palästinensische Rote Halbmond berichtete am Samstag, Panzer stünden in etwa 20 Meter Entfernung vom Al-Kuds-Krankenhaus und es gebe heftigen Beschuss in dem Gebiet.
Tausende Flüchtlinge, die in der Klinik Schutz gesucht hätten, seien in größter Angst. Von 18 Krankenwagen der Hilfsorganisation im nördlichen Gazastreifen seien nur noch sieben einsatzfähig, hieß es weiter.
Netanjahu: Hamas hat Kontrolle über Nord-Gazastreifen verloren
Nach israelischer Darstellung hat die Hamas die Kontrolle über den nördlichen Teil des Gazastreifens verloren. Ministerpräsident Netanjahu sagte am Samstagabend, Hamas-Kämpfer hätten "keinen sicheren Ort mehr, um sich zu verstecken".
Auch das Militär hatte zuvor mitgeteilt, die Islamistenorganisation kontrolliere den Norden des Küstenstreifens nicht mehr. Netanjahu sagte erneut, Israel wolle nach einem Sieg über die Hamas die Kontrolle über die Sicherheit im Gazastreifen behalten. Er bekräftigte auch, dass es keine Waffenruhe geben werde, solange die von den Extremisten entführten Geiseln nicht freigelassen würden.
dpa/vrt/sh/mh