Viele Beziehungen entstehen heutzutage über das Internet. Rund ein Viertel der Partnerschaften haben inzwischen ihren Ursprung im Internet. Es gibt schließlich etliche Dating-Plattformen, bei denen man im wahrsten Wortsinn mit einem Wisch potenzielle Lebenspartner kennenlernen kann. Eine britische Firma will jetzt aber das Offline-Flirten wieder populärer machen.
Ein Grund ist, dass das Flirten online oft auch frustriert. Die New York Times schrieb vor Kurzem schon von einem Dating-App-Burnout. Bei den Online-Profilen ist vieles nur inszeniert, da wird gerne mal geflunkert. Und wenn man eine interessante Person dort antrifft, dann bleibt vieles oberflächlich. Oder es geht am Ende vielleicht doch nur um "das Eine". Manche Experten sprechen schon von der "Gamifizierung" des Datens. Es wirkt wie ein Spiel, wenn man mit einem Wisch einen möglicherweise noch perfekteren Partner finden kann. Das ermüdet dann doch die, die auf echter Partnersuche sind.
In der analogen Welt auf Partnersuche zu gehen, ist gar nicht (mehr) so einfach. Die Welt hat sich gewandelt. Viele haben sich soweit ins Digitale zurückgezogen, dass sie sich kaum noch dort raus trauen. Auch die MeToo-Bewegung hat hier negative Spuren hinterlassen. Viele Männer sind beim Flirten sowieso schon verunsichert, weil sie Angst haben, einen Korb zu bekommen. Jetzt kommt noch die Angst hinzu, durchs Flirten als übergriffig wahrgenommen zu werden.
Gleichzeitig bestehen weiterhin die Rollenklischee. Das heißt, viele Frauen erwarten immer noch, dass die Initiative von den Männern ausgeht. Die Gesellschaft sucht derzeit nach einem neuen Flirt-Kodex, der für alle akzeptabel ist und am Ende doch funktioniert.
Eine britische Firma versucht nun, das Flirten mit einem Ring zu vereinfachen. Dabei handelt es sich um einen Ring, der das Gegenteil des Eherings vermitteln soll. Also nicht: Ich bin fest vergeben. Sondern: Ich bin auf der Suche nach einem Partner. "Pear Ring" heißt das Projekt. Es verkauft türkisfarbene Ringe für die, die eine heterosexuelle Partnerschaft suchen, lilafarbene Ringe für homosexuelle Partnerschaften. Bestellen kann man den Ring über eine Webseite für knapp 25 Euro. Wer den Ring trägt, drückt damit aus: Ich bin Single, bin auf der Suche und will angesprochen werden. Pear Ring spricht selbst vom weltweit größten Sozialexperiment.
Kritiker werfen ein, dass der Ring längst nicht alle Flirt-Probleme löst und vielleicht neue Probleme schafft. Wer den Ring trägt, will zwar angesprochen werden, aber längst noch nicht von jedem. Dann kann man sich nicht mehr mit einer Notlüge herausreden wie "ich bin schon vergeben" - der Ring sagt was anderes. In der Situation eine Abfuhr zu bekommen, ist wohl noch schmerzhafter. Frauen scheinen darüber hinaus den Ring seltener tragen zu wollen. Denn, so sagen es Umfragen, wollten Frauen den Eindruck vermeiden, verzweifelt auf der Suche nach einem Partner zu sein. Ein Paradox: Auf der Suche sein, ohne suchend zu wirken - wie man das über einen solchen Ring tut.
welt/okr