Die Götterstatuen aus dem syrischen Tell Halaf galten als unwiederbringlich verloren: Sie waren im Krieg bei einem Bombenangriff auf Berlin völlig zerstört worden.
In einem gigantischen Steinpuzzle haben Forscher die wertvollen Steinbilder jetzt aus 27.000 Einzelteilen wieder zusammengesetzt. Nach zehnjähriger Restaurierungsarbeit werden die rund 40 Skulpturen und Reliefs im Berliner Pergamonmuseum erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.
«Ihre Rekonstruktion ist eine Sensation, ein Wunder», sagte Berlins oberster Museumschef Michael Eissenhauer vor der Ausstellungseröffnung am Donnerstagabend. «Dass diese Ausstellung möglich ist, hätte sich vor Jahren niemand vorstellen können.»
Der sensationelle Schatz ist dem deutschen Diplomaten und Archäologen Max Freiherr von Oppenheim zu verdanken. Bei seinen Beduinenstudien hatte er Anfang des vorigen Jahrhunderts im Hügel Tell Halaf in Nordost-Syrien einen 3000 Jahre alten Fürstensitz mit Palast, Tempel und Grabanlagen entdeckt.
Den Teil der Funde, den er nach der gemeinsamen Ausgrabung mit den Syrern zugesprochen bekam, brachte er nach Berlin und eröffnete dafür ein eigenes Tell-Halaf-Museum. Doch der Krieg machte alles zunichte. 1943 wurde das Museum von einer Brandbombe getroffen, die Basaltbilder zerplatzten bei den vergeblichen Löscharbeiten in tausende Einzelteile.
Ausgrabungen im eigenen Haus
«Glück im Unglück», berichtete Eissenhauer: Oppenheimer habe die Steinbrocken bergen und ins Pergamonmuseum bringen lassen. Dort standen sie in großen Gitterboxen 50 Jahre lang im Keller, bis bei einer Aufräumaktion erstmals der Gedanke an eine Rekonstruktion kam. «Das war eine Art Ausgrabungsaktion in unserem eigenen Haus», sagt Museumsdirektorin Beate Salje.
2001 beginnt die unglaubliche Aktion: Die 80 Kubikmeter Schutt werden feinsäuberlich auf 300 Holzpaletten ausgebreitet. Steinchen für Steinchen beginnen die Experten, die Stücke nach den Fotovorlagen Oppenheims einzelnen Figuren zuzuordnen.
«Das war wirklich wie bei einem Puzzle», erzählte Kurator Lutz Martin der Nachrichtenagentur dpa. «Wir haben erst mit den äußeren Teilen angefangen, die man am Oberflächendekor erkannt hat. Nach einem Jahr war man so eingeguckt, dass man auch Steinstrukturen zuordnen konnte.»
Die einzelnen Teile wurden mit Epoxidharz zusammengefügt und unter hohem Druck verbunden. Riesige Zuggurte sorgten dafür, dass der langlebige Kleber tief genug in die Steinporen eindrang und möglichst wenig Ritzen ließ. «Anfangs dachten wir nur, dass wir die beiden Löwen vom Palasteingang zusammenkriegen. Aber letztlich konnten wir mehr als 90 Prozent des Materials zuordnen», sagt Martin, der zusammen mit Kuratorin Nadja Cholidis Herz der Aktion war.
Fast 20.000 Kilometer sind die Archäologen dafür an den Paletten auf und ab gelaufen, 25.000 Arbeitsstunden hat das Team investiert. Die Kosten für das Projekt trugen vor allem die Stiftung Oppenheim und die Deutsche Forschungsgemeinschaft - nach Angaben von Generaldirektor Eissenhauer ein «einstelliger mittlerer Millionenbetrag».
Die Göttin von Aleppo
Zu den Glanzstücken der Ausstellung gehört auch eine Leihgabe aus dem syrischen Aleppo. Eine im dortigen Nationalmuseum ausgestellte Göttin aus dem Ausgrabungsfund durfte erstmals das Land verlassen und wird in Berlin wieder mit ihrem Gemahl und Sohn vereint, mit denen sie einst den Eingang zum Palast bewachte.
Für Oppenheim wäre es aber wohl am schönsten, dass auch die von ihm so geliebte «Thronende Göttin» ihr geheimnisvolles Lächeln wiedergewonnen hat, meint Martin. «Wenn er das von einer Wolke sehen könnte, würde er sich sicher freuen.»
dpa - Bild: epa
Da bleibt einem nur eines zu sagen "bemerkenswert"! Gratulation