Es gebe Bedenken, ob das ungarische Mediengesetz dem EU-Recht entspreche, sagte ein Kommissionssprecher heute in Brüssel. Bereits an Heiligabend, also vier Tage nach Bekanntgabe des neuen Gesetzes, habe die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes einen Brief nach Budapest geschickt und um Auskünfte gegeben - dies ist ein ungewöhnlich schnelles Vorgehen.
In ganz Europa stieß das zum Jahresbeginn in Kraft getretene Mediengesetz auf massive Kritik. Danach kontrolliert eine neue Medienbehörde die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale. Nach Ansicht von Kritikern will Ungarns Regierungschef Viktor Orbán die Medien mit diesem Gesetz auf die Linie seiner rechtskonservativen Fidesz-Partei zwingen.
"Die Kommissarin hat in drei Punkten Bedenken, dabei geht es um das Gesetz an sich, die Anwendung des EU-Rechts und die Frage, ob der neue Medienrat unabhängig handeln kann - vor allem wegen seiner Zusammensetzung", sagte der Kommissionssprecher. Alle Mitglieder sind von der regierenden Fidesz-Partei entsandt.
Nach Angaben der EU-Behörde hat die ungarische Regierung bereits eine Antwort geschickt und vertritt den Standpunkt, dass das Gesetz dem EU-Recht nicht zuwiderlaufe. Brüssel ist davon aber nicht überzeugt und wartet nun auf ein detaillierteres Schreiben. Sollte die EU-Kommission als Hüterin der Verträge zu dem Schluss kommen, dass Ungarn gegen EU-Recht verstößt, kann sie rechtliche Schritte einleiten. Bei einem solchen Strafverfahren kann der Europäische Gerichtshof (EuGH) letztlich hohe Geldstrafen verhängen.
Auch Sondersteuern werden untersucht
Die EU-Kommission überprüft ebenfalls die umstrittenen Sondersteuern für europäische Großunternehmen. Die Steuern werden für Großunternehmen bestimmter Sparten fällig und sollen Ungarn helfen, den Haushalt zu sanieren. Bereits im Dezember protestierten zahlreiche Konzerne bei der EU-Kommission dagegen.
Ungarn hat seit dem 1. Januar für sechs Monate die Ratspräsidentschaft übernommen.
dpa/jd/km - Bild: epa