Die Ankündigung von Lidl klingt erst mal super: Künftig soll kein Obst und kein Gemüse mehr in den Regalen der Supermarktkette landen, das per Flugzeug transportiert wurde. Zunächst gilt das zwar nur für die niederländischen Filialen, aber wer weiß, ob es dabei bleibt.
Lidl gehört zu den großen Discountern und hat ein breites Frischobst-Sortiment im Angebot. Müssen niederländische Lidl-Kunden in Zukunft darauf verzichten? Wohl kaum. Denn tatsächlich wird nur ein Bruchteil der Lebensmittel mit dem Flugzeug transportiert.
Eher per Schiff transportiert
Nach Angaben von Tessa Avermaete, Expertin für nachhaltige Ernährung an der KU Löwen, werden weltweit nur 0,2 Prozent aller Lebensmittel mit dem Flugzeug transportiert. Ein geradezu verschwindend geringer Anteil also. Wenn so wenig per Flieger kommt, dann wird eben auch wenig eingespart, wenn man darauf verzichtet. Das Ganze ist wohl eher eine geschickte Marketing-Strategie oder ein klarer Fall von "Greenwashing".
Mit der Verbannung von Flugobst trifft Lidl zwar den Nerv der Zeit: Die Kunden können sich in dem guten Gefühl sonnen, mit ihrem Einkauf bei Lidl etwas für die Umwelt tun. Auch wenn das so nicht stimmt. Lebensmittel aus weit entfernten Regionen der Erde kommen in aller Regel mit dem Schiff zu uns.
Ein Viertel der Treibhausgasemissionen
Das soll aber nicht heißen, dass man beim Einkaufen nicht darauf achten sollte, woher die Lebensmittel kommen und wie sie hergestellt wurden. Insgesamt ist der Lebensmittelsektor etwa für ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und zählt damit zu den Hauptverursachern, erklärt Tessa Avermaete. Auf den Transport entfallen aber nur sechs Prozent und damit ein relativ kleiner Anteil.
Allerdings nehmen wir das als Verbraucher anders wahr: Dass importierte Lebensmittel automatisch schlechter für die Umwelt sein müssen als regionale Produkte, ist eine Annahme, die auf einem Bauchgefühl basiert und nicht in jedem Fall stimmt, sagt die Expertin.
Entscheidend für die Bewertung, ob ein Produkt umweltverträglich hergestellt wurde, sind andere Kriterien: Es kommt auf die richtige Bodenqualität an. Es mag zunächst überraschen: Aber eine Tomate aus Marokko kann nachhaltiger produziert sein als eine Tomate aus der Region. Dafür ist auch die Energiebilanz ein Indikator: Sonne dort, beheiztes Gewächshaus bei uns.
Wie soll man das als Verbraucher berücksichtigen? "Die Lösung liegt in der Abwechslung", sagt Tessa Avermaete. "Viel pflanzliche Produkte, wenig Fleisch." Wer diese Grundregeln beachtet, der tut sich selbst und der Umwelt den größten Gefallen. Allerdings ist da gerade in den westlichen Ländern noch viel Luft nach oben.
vrt/sh