Die Enthüllungs-Plattform Wikileaks und ihr Gründer Julian Assange werden in die Enge getrieben. Wikileaks verlor die Web-Adresse wikileaks.org und sucht nun Asyl in Europa.
Die bekannten Webadresse wurde Freitagmorgen vom zuständigen US-Dienstleister gelöscht. Die Plattform wich auf die Adresse wikileaks.ch aus, die auf die Schweizer Piratenpartei registriert ist. Am Abend war auch wikileaks.ch nicht mehr erreichbar.
Assange muss mit einer Festnahme rechnen - wegen des Verdachts sexueller Vergehen in Schweden. In einem Online-Interview warnte er seine Gegner: "Wenn uns etwas zustößt, werden die entscheidenden Teile (der US-Diplomaten-Akten) automatisch veröffentlicht." Die Sammlung aus 250.000 amerikanischen Depeschen sei verschlüsselt an mehr als 100.000 Menschen gegangen, sagte Assange. Zudem hätten diverse Medien Zugriff darauf.
Der Wikileaks-Chef stellte sich ausgewählten Fragen von Internet-Nutzern auf der Website der britischen Zeitung 'Guardian'. Das Interesse war so groß, dass die Seite zeitweise in die Knie ging.
"Vier-Stufen-Modell" der Korruption in Afghanistan
Die Enthüllungen gehen inzwischen weiter. Am Freitag handelten die Dokumente von Korruption in Afghanistan. Das Ausmaß von Bestechung, Erpressung und Veruntreuung sei selbst für Diplomaten in Kabul schockierend. Nur ein Minister stehe nicht unter Korruptionsverdacht, übermittelte die US-Botschaft im Januar.
Einzig der bis heute amtierende Landwirtschaftsminister Asif Rahimi habe eine weiße Weste. Anders als Präsident Karsai, der laut einer US-Depesche von Mitte 2009 fünf Grenzpolizisten begnadigt haben soll, die mit über 120 Kilogramm Heroin erwischt worden seien. Hintergrund: Der Sohn eines einflussreichen Karsai-Unterstützers soll in den Fall verwickelt gewesen sein. Auch Großbritannien muss nach jüngsten Berichten harsche Kritik wegen des Einsatzes in Afghanistan einstecken.
In Kabul erklärte ein Regierungsvertreter den Enthüllungen zufolge einem staunenden Diplomaten das 'Vier-Stufen-Modell' der Korruption. Demnach werde bei US-Entwicklungsprojekten gleich mehrfach abkassiert: zunächst bei der Ausschreibung eines Bauvorhabens, dann bei Auftragsvergabe, während des Baus und ein weiteres Mal, wenn das Projekt eingeweiht wird, heißt es in der 'New York Times'.
dpa/es/km - Bild: epa