32 Stunden arbeiten - vier mal acht Stunden - und doch dasselbe verdienen wie bisher an fünf Tagen. Das ist der Plan. Zwischen 3.000 und 6.000 Arbeitnehmer sollen von der verkürzten Arbeitszeit profitieren. Die Idee dazu hatte die kleinere linke Partei Más País. Und die Regierung ist bereit, den Versuch zu wagen. Letzte Details müssen noch geklärt werden; im Herbst könnte es los gehen.
Der Sprecher der Partei Más País sagt, dass in Spanien die Menschen in Stunden gerechnet mehr arbeiteten als der europäische Durchschnitt. Dennoch gehöre das Land nicht zu den produktivsten. Studien belegten das. Also, so sagt er, bedeute mehr Arbeitszeit nicht unbedingt eine höhere Produktivität.
Arbeits-Atmosphäre vom alten Schlag
Grund dafür ist vielleicht die allgemeine "Arbeits-Atmosphäre" in Spanien. Ein flämischer Wirtschaftsprofessor erklärt, dass die Atmosphäre in einem spanischen Unternehmen noch immer "vom alten Schlag" sei. Er nennt Beispiele: In Spanien dauerten Versammlungen vergleichsweise lange, weil es dabei fast schon gesellig zugehe. Firmenchefs kämen häufig später als die Mitarbeiter ins Unternehmen, aber niemand gehe in den Feierabend, solange der Chef noch im Haus sei.
Dann ist da die traditionelle Siesta: Um 14 Uhr wird Pause gemacht, und viele Mitarbeiter kommen erst um 16 oder 17 Uhr zurück ins Büro. Da sitzen sie dann bis 20 Uhr. Danach noch einkaufen, kochen und essen - da bleibt nur noch wenig Zeit für sonstiges Familien- oder Freizeitleben. Daher die Vorstellung: nur noch vier Tage arbeiten, am fünften frei - das soll die Menschen zufriedener und glücklicher machen.
Staatliche Unterstützung
Was aus Sicht der Beschäftigten großartig klingt, bedeutet für die Unternehmen aber ein finanzielles Risiko. Das will die Partei Más País mithilfe staatlicher Unterstützung minimieren. Finanzielle Ausfälle der Firmen sollen im ersten Jahr vollständig vom Staat übernommen werden, im zweiten Jahr zur Hälfte und im dritten Jahr zu einem Drittel. Insgesamt 50 Millionen Euro sollen dafür frei gemacht werden.
Gewerkschaften dagegen
Die Gewerkschaften halten das Ganze jedoch für völlig lächerlich, weil sie davon ausgehen, dass die Beschäftigten einfach härter werden arbeiten müssen. Denn nicht zuletzt wegen der Corona-Krise sei Spaniens Wirtschaft in einem schlechten Zustand, so die Gewerkschaften. Sie befürchten, dass die Testphase am Ende dazu führt, dass viele Beschäftigte entlassen werden.
Auch aus der Wirtschaft kommen Gegenstimmen. "Um aus einer Krise herauszukommen, müsse mehr gearbeitet werden, nicht weniger", heißt es.
Wie auch immer: Spanien ist das erste Land weltweit, das die Vier-Tage-Woche testet und könnte zum Vorreiter für andere werden. Das Projekt soll von Experten begleitet und ausgewertet werden.
vrt/jp