Folter, Hinrichtungen, sinnloses Blutvergießen: Die Internetplattform Wikileaks enthüllt Hunderttausende Akten der US-Armee zum Irakkrieg und spricht von massenhaft Kriegsverbrechen und Gräueltaten.
Die Täter waren wie ihre Opfer zumeist Iraker. Aber die Dokumente zeigen auch schwere Verfehlungen von US-Soldaten und deren Söldnern.
Wikileaks überließ die Papiere ausgewählten Medien rund um den Globus, darunter dem Nachrichtenmagazin 'Spiegel', der 'New York Times' und der britischen Zeitung 'Guardian'.
Wikileaks-Gründer Julian Assange stellte sich am Samstag in London der Presse und rechtfertigte die beispiellose Bloßstellung der amerikanischen Streitkräfte.
Anhand tausender Bedrohungsanalysen, Angriffsberichte und Verhaftungsprotokolle lasse sich sehr genau rekonstruieren, "wie sich der islamische Bruderkampf zwischen Schiiten und Sunniten entfaltet hat", schreibt der 'Spiegel'. Die irakische Gesellschaft sei durch den Krieg brutalisiert worden. Allein an US-Kontrollposten seien 861 Zivilisten von US-Soldaten getötet worden, schreibt die 'Sunday Times', sechs Mal soviel wie Aufständische.
Helikopter ohne Sprit: Briten mussten al-Sarkawi laufen lassen
Und von Pannen berichtete der 'Guardian'. So sei auf der Jagd nach dem jordanischen Top-Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi im März 2005 einem britischen Hubschrauber kurz vor dem Zugriff der Treibstoff ausgegangen. Sarkawi, auf dessen Kopf damals eine Belohnung von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt war, wurde ein Jahr später von US-Truppen getötet.
Die 'New York Times' schreibt, dass Häftlinge geschlagen, versengt und ausgepeitscht wurden, sei nicht die Ausnahme gewesen. Einige der Folterungen seien von Amerikanern untersucht, die meisten aber ignoriert worden - "mit einem institutionellen Schulterzucken: Soldaten erstatteten Bericht und baten die Iraker, eine Untersuchung einzuleiten".
Dem widersprach ein Pentagon-Sprecher. US-Soldaten seien stets im Einklang mit dem Gesetz und der internationalen Praxis gewesen: Begingen Iraker die Tat, seien die irakischen Behörden für die Ermittlungen zuständig.
Söldnerfirmen verschlimmerten Chaos im Irak
Die 'New York Times' spricht von einem "beängstigenden Porträt der Gewalt". In einem Fall verdächtigten US-Soldaten irakische Offiziere, einem Gefangenen die Finger abgeschnitten und ihn anschließend mit Säure verätzt zu haben.
Der Einsatz privater Sicherheitsfirmen im Irak habe das Kriegschaos erheblich verschärft. Es habe an Koordinierung mit den Streitkräften gemangelt, berichtete die Times. Dennoch könne das Militär auch derzeit auf die Söldnertrupps nicht verzichten, schreibt die Zeitung, obwohl die Militärakten umfangreich grundlose Schießereien dokumentierten und nur wenige Fälle, in denen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden.
Die irakische Regierung tat die Veröffentlichung als PR-Kampagne politischer Gegner ab. Die Dokumente enthielten keinen einzigen Beweis dafür, dass sich die irakische Regierung oder Ministerpräsident Nuri Al-Maliki persönlich unpatriotisch verhalten hätten, ließ die Regierung in Bagdad erklären. Die Dokumente der US-Armee belegen, dass auch Al-Maliki unterstellte Einheiten an Misshandlungen beteiligt waren.
dpa/km - Bild: epa