Das Menschenrechtszentrum listete in der Nacht auf seiner Internetseite die Namen von mehr als 1.120 Festgenommenen auf. Die meisten kamen demnach in der Hauptstadt Minsk in Polizeigewahrsam. Darunter waren auch mehrere Journalisten. Viele kamen am Sonntagabend nach einer Überprüfung wieder auf freien Fuß. Die Behörden veröffentlichten zunächst keine Zahlen zu den Festnahmen.
Für Montag ruft die Opposition Rentner zum Protest auf. Sie gehen traditionell zu Wochenbeginn auf die Straße. Die Aktionen an den Sonntagen haben aber den größten Zulauf. Diesmal beteiligten sich erneut Tausende Menschen. Schätzungen waren diesmal allerdings nur schwer möglich, weil die Teilnehmer in mehreren Gruppen unterwegs waren. Dabei seien die Sicherheitskräfte besonders hart gegen Demonstranten vorgegangen, schrieb das unabhängige Nachrichtenportal tut.by.
Uniformierte waren teilweise mit massiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten, wie vermummte Polizisten Tränengas und Blendgranaten einsetzten. Augenzeugen berichteten zudem von Gummigeschossen. Zu sehen war zudem, wie Sicherheitskräfte auf Menschen einprügelten. Auf den Straßen waren Uniformierte mit Sturmgewehren zu sehen. Polizisten zerrten und trugen Frauen und Männer zu Gefangenentransportern und Kleinbussen. Es gab mehrere Verletzte.
Die Demonstranten erinnerten bei ihrem Marsch an den Tod eines 31-Jährigen vor wenigen Tagen in Minsk. Der Mann, den die Demokratiebewegung als Helden verehrt, soll überfallen worden sein. Einen Tag später starb er an seinen Verletzungen. Die genauen Umstände sind noch unklar. Auch am Sonntag legten Menschen Blumen nieder und entzündeten Kerzen.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August steckt das Land in einer schweren innenpolitischen Krise. Der 66-jährige Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Die Opposition sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin. Die 38-Jährige floh aus Angst um ihre Sicherheit ins EU-Land Litauen.
dpa/cd/km