Der Beitrag, den ein Einzelner im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann, geht im globalen Maßstab unter. Wenn der Einzelne für seinen bescheidenen Beitrag auch noch Kosten auf sich nehmen muss, dann ist es aus seiner Sicht klüger, diesen Beitrag nicht zu leisten. Soweit die schlechte Nachricht.
Aber Joachim Weimann von der Uni Magdeburg gibt im Interview mit dem Deutschlandfunk Hoffnung. Nicht alle Menschen ticken so. "Was wir im Experiment gesehen haben, ist, dass etwa ein Drittel der Versuchspersonen dennoch bereit ist, Beiträge zu leisten."
"Aber das Problem ist komplexer: Was ist denn die richtige kooperative Verhaltensweise angesichts des Klimaproblems? Und da kann ich Ihnen ganz sicher sagen: Innerhalb Europas auf Flugreisen zu verzichten, ist sinnfrei. Es ist leider das Problem, dass wir Menschen dazu neigen, plakativ Dinge zu tun, die aber häufig kontraproduktiv sind."
Flugverkehr
Auf Flüge zu verzichten, mag zwar das Gewissen beruhigen. Dem Klima hilft es im aktuellen System nicht. "Wenn Sie innerhalb Europas auf einen Flug verzichten, haben Sie das Gefühl: Wow, ich habe jetzt richtig aktiv etwas für den Klimaschutz getan. Tatsächlich ist der Effekt null."
"Der europäische Flugverkehr ist über den Emissionshandel erfasst. Das heißt, jede Tonne CO2, die sie beim Flugverkehr einsparen, führt dazu, dass das Emissionsrecht, das die Fluggesellschaft nicht in Anspruch nimmt, von anderen Emittenten in Anspruch genommen wird. Die Fluggesellschaft verkauft dann das Emissionsrecht. Es kommt also gar nicht zu einer Einsparung."
Wenn Flugverzicht dem Klima helfen soll, müsste vorher der Handel mit CO2-Emissionen so angepasst werden, dass am Ende tatsächlich weniger CO2 in der Atmosphäre landet. Gut gemeint ist eben nicht gleich gut gemacht.
Plastiktüten
Noch ein Beispiel: die Plastiktüte. "Was machen wir in Europa? Reflexartig verbieten wir Plastikverpackungen. Ersetzen Plastiktüten durch Papiertüten und vergessen dabei, dass die Papiertüte eine schlechtere Ökobilanz hat als die Plastiktüte und dass der Anteil Europas am Plastik in den Weltmeeren unter 0,3 Prozent liegt. Mit all dem Aktionismus, den wir in Europa zeigen, tragen wir nicht mal ein Jota zur eigentlichen Problemlösung bei."
Das Problem ist der Plastik, der aus den asiatischen Anrainerstaaten ins Meer gelangt. Und das ist laut Joachim Weimann nicht etwa Plastik, den Europa dorthin verkauft habe. "Weil diese Länder nicht die Ressourcen haben, um Müllverwertung zu betreiben, wie wir sie in Europa gewohnt sind."
"Wenn Sie das Problem lösen wollen, wenn es Ihnen wirklich um die Ozeane geht, dann müssten Sie Geld in die Hand nehmen - unser Geld. Das wäre dann der richtige kooperative Beitrag, um solche Systeme in diesen Ländern zu installieren, die wir schon lange haben, die dort aber völlig unbekannt sind."
Das Problem: Eine solche Initiative schafft bei uns in Europa nicht das Wohlgefühl, etwas für die Umwelt getan zu haben. "Es ist wenig populär, weil dann passiert irgendwo in Asien etwas. Das sieht keiner und das kann man politisch nicht gut verkaufen. Da kann man selbst auch nichts dran tun, außer zuzustimmen, dass die Steuergelder eben für diesen Zweck verwendet werden."
Lösung "von oben"
Lösungen, die wirklich in der Sache etwas verändern, können also nur von oben kommen. Und da wiederum ist der Einzelne für Joachim Weimann gefragt: "Was der Einzelne tun kann, ist, unsere Politiker, die ja immer auf das reagieren, was die Menschen antreibt, mit diesen Forderungen zu konfrontieren: Macht vernünftige Klimapolitik, macht vernünftige Plastikpolitik, indem ihr das Problem an der Ursache packt."
"Da gibt es Hoffnung, dass es genug Menschen in einer Gesellschaft geben wird, die bereit sind, auf Dinge zu verzichten, um vernünftige Lösungen herbeizuführen."
Olivier Krickel