Trump hatte West am Donnerstag zu einem Mittagessen eingeladen. Vorher kamen sie im Oval Office zusammen. West setzte dort zu einem überlangen Monolog an, in dem er in rasantem Tempo von einem zum anderen Thema sprang. West redete von Verbrechen in Chicago, Industrie und Jobs, Medikamenten und eigenen psychischen Problemen bis hin zu Verfassung, Gefängnisreform und seinem Dasein ohne echte Vaterfigur.
Immer wieder lobte er Trump in höchsten Tönen. Er trug eine rote Baseball-Mütze mit dessen Wahlkampf-Slogan: "Make America Great Again." West sagte, Freunde hätten ihn bedrängt, die Trump-Mütze nicht zu tragen, doch sie gebe ihm Kraft. "Als ich diese Mütze aufgesetzt habe, habe ich mich wie Superman gefühlt." Zwischendurch sprang West mehrfach von seinem Stuhl auf, zückte auch sein Handy und zeigte das Foto eines futuristischen Flugzeugs: "In so etwas sollte unser Präsident fliegen", rief er in den Raum. "Wenn er nicht gut aussieht, dann sehen wir nicht gut aus."
Zum Schluss lief West um Trumps Schreibtisch herum, umarmte den Präsidenten und sagte: "Ich liebe diesen Kerl." Trump verfolgte Wests Wortschwall geduldig, nickte zwischendurch immer mal wieder und lächelte mehrmals verlegen. Als West fertig war, sagte Trump: "Das war ziemlich beeindruckend." Er nannte West einen "speziellen Typen" und ein "Genie".
Auf die Frage eines Journalisten, ob West ein künftiger Präsidentschaftskandidat sein könnte, antwortete Trump: "Das könnte sehr gut sein." West warf dazwischen, das komme frühestens ab 2024 in Frage - also nach einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps. In wenigen Wochen stehen in den USA Kongresswahlen an, zur Halbzeit von Trumps aktueller Amtszeit.
Der US-Präsident empfing am Donnerstag mehrere Vertreter der Musikszene im Weißen Haus - wohl um sich kurz vor den Zwischenwahlen demonstrativ mit prominenten Unterstützern zu schmücken, was ihm bisher eher wenig gelang. Anlass war die Unterzeichnung einer Musik-Urheberrechtsreform. Allerdings bekam nur West derart viel Aufmerksamkeit - und Redezeit. Auch Wests Ehefrau, Kim Kardashian, war schon mehrfach Gast im Weißen Haus.
Anders als sein Vorgänger Barack Obama weiß Trump nur äußerst wenige der sehr prominenten Musiker und Schauspieler hinter sich. Hollywood-Größen und Musiker üben regelmäßig Kritik am Präsidenten und dessen Politik.
Die Reform, die Trump am Donnerstag unterzeichnete, nennt sich "Music Modernization Act". Im Kern geht es um die Vergabe von Lizenzen und Nutzungsgebühren. Denn Gebühren von Streamingdiensten wie Spotify und Apple Music beruhen in den USA teils auf jahrzehntealten Gesetzen. Die Reform soll diese anpassen und Künstlern, Songschreibern und Produzenten helfen, auf diesen Plattformen mit ihrer Musik mehr Geld zu verdienen. Die Musikindustrie, darunter Künstler wie auch Labels und Streaminganbieter, stehen hinter den Gesetzesplänen.
dpa/est/km