"Schauen wir auf die Welt, in der wir leben, in der die Stimmen, die Spaltung und Konfrontation säen, immer lauter werden", sagte der Pontifex bei seiner Ankunft in der Hauptstadt Vilnius am Samstag. Dabei wandte er sich gegen all jene, die glauben, man müsse andere Kulturen beseitigen, auslöschen oder wegdrängen, um "die Sicherheit und den Fortbestand einer Kultur zu gewährleisten".
Anlass der vier Tage langen Reise durch die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland ist, dass die drei Staaten vor 100 Jahren ihre Unabhängigkeit von Russland erklärten. Litauen wurde dann im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Hitler-Deutschland besetzt. Nach Kriegsende war der Staat bis 1991 unfreiwillig Teil der Sowjetunion.
"Im Laufe seiner Geschichte war Litauen in der Lage, Menschen verschiedener Ethnien und Religionen Gastfreundschaft, Aufnahme und Annahme zu gewähren", so der Papst. "Sie alle haben in Frieden zusammengelebt, bis die totalitären Ideologien aufkamen und diese Fähigkeit zur Gastfreundschaft und zur Vereinbarkeit von Unterschieden durch Verbreitung von Gewalt und Misstrauen zerstörten." Man müsse "Kraft aus der Vergangenheit" schöpfen und Toleranz, Gastfreundschaft, Respekt und Solidarität als gesellschaftliche Werte hochhalten.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche war zuvor von der litauischen Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite begrüßt worden. "Ihr Besuch ist ein wertvolles Geschenk zum hundertsten Jahrestag der Wiederherstellung des litauischen Staates", sagte Grybauskaite.
Eine der wichtigsten Stationen werde das Gedenken an Opfer des Holocaustes und totalitärer Systeme in Vilnius sein. Es ist das erste Mal seit 25 Jahren, dass ein Papst wieder in die Länder reist. 1993 war der Pole Johannes Paul II. als erster Pontifex überhaupt in Litauen, Lettland und Estland.
dpa/est/sr