Der wegen Korruption verurteilte brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva will sich Medienberichten zufolge der Polizei stellen. Der 72-Jährige hatte zuvor eine gerichtlich festgesetzte Frist für einen Haftantritt am Freitag verstreichen lassen. Lula verließ am Samstag den Sitz der Metallarbeitergewerkschaft in São Paulo und nahm an einer Messe für seine im vergangenen Jahr verstorbene Ehefrau Marisa Letícia teil.
Begleitet wurde er von Ex-Präsidentin Dilma Rousseff und der Vorsitzenden seiner linken Arbeiterpartei, Gleisi Hoffmann. Nach dem Gottesdienst wollte sich Lula in Polizeigewahrsam begeben, wie die Zeitung "O Globo" unter Berufung auf Vertraute des Ex-Präsidenten berichtete.
Lula ist in den Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt. Wegen Korruption war er zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Mehrere Anträge, bis zum Ende des Berufungsverfahrens auf freiem Fuß bleiben zu dürfen, wurden abgelehnt. Auch beim UN-Menschenrechtsausschuss in Genf beantragte Lula eine einstweilige Verfügung, um die Inhaftierung noch abzuwenden.
Seit Freitag hatten Lulas Anwälte mit der Bundespolizei darüber verhandelt, wann und wie der Ex-Präsident seine Haft antreten könnte. "Ich kenne die Details nicht, aber er wird sich nach der Messe stellen", sagte Senator Humberto Costa der Zeitung "O Globo".
Lula war zwischen 2003 und 2011 brasilianischer Staatschef. Bei der Wahl im Oktober will er erneut für das höchste Staatsamt kandidieren - die linke Arbeiterpartei will auch im Fall seiner Inhaftierung an diesem Plan festhalten. "Lula bleibt unser Kandidat", sagte Parteivorsitzende Hoffmann kurz vor Bekanntgabe des Haftbefehls. Lula liegt in Umfragen mit bis zu 36 Prozent deutlich vorn.
Lulas Bewerbung für die Präsidentenwahl im Oktober steht allerdings infrage, weil ein Gesetz es in zweiter Instanz Verurteilten bis acht Jahre nach dem Urteil verbietet, bei Wahlen anzutreten. Das Gesetz lässt aber auch einen Revisionsantrag zu, wenn gegen die Verurteilung noch Berufung in dritter und vierter Instanz eingelegt worden ist. Den könnte Lula im August beim Obersten Wahlgericht stellen, wenn die Behörden die Einschreibung seiner Kandidatur ablehnen.
dpa/jp