Auch ein Ex-Chef des BND darf nicht über die inhaltliche Arbeit der Geheimdienste sprechen. Wobei der Wissensstand von Gerhard Schindler zwei Jahre alt und in vielerlei Hinsicht daher schon überholt ist, wie er sagt. Dazu verändert sich die Welt zu schnell. Gerhard Schindler wollte in seiner aktiven Zeit den Geheimdienst transparenter machen - erklären, wozu man so etwas braucht und was genau er macht.
Seit Snowden haben viele das Gefühl, dass die Geheimdienste alles wissen. Ganz so wird es wohl nicht sein. Aber die IT-Technologie ist die wichtigste Informationsquelle für die Geheimdienste. Und da stellen sich dann Frage wie: Was machen die Geheimdienste daraus? Was dürfen sie und was sollten sie dürfen?
"Ich wüsste nicht, welchen Schaden man hat, wenn man in einer Leitung eine Email abfängt, ein Nachrichtendienst erkennt sie als harmlos und damit ist sie gelöscht. Ich finde, das ist kein Eingriff in die persönliche geschützte Sphäre", sagt Schindler. "Andere sehen das anders. Daher brauchen wir eine grundlegende Diskussion darüber, welche Daten man schützt."
Gerhard Schindler hält Konzerne wie Google und Facebook für viel problematischer als das, was Geheimdienste machen. Er sagt, im Vergleich zu deren Datensammlung habe der BND nur Tausendstel des Umfangs. Das Gespräch mit Schindler wurde geführt, bevor der jüngste Datenskandal von Facebook bekannt geworden ist.
Ständiges Misstrauen
Im Zuge der Snowden-Affäre wurde auch noch mal deutlich, dass sich befreundete Staaten gegenseitig abhören. "Nachrichtendienste tun sich schwer mit dem Begriff Freund, weil Nachrichtendienste der letzte Hort sind, wo nationale Interessen die Priorität haben."
Und da möchten Staaten eben auch wissen, was der vermeintliche Freund hinter verschlossenen Türen denkt. Ständiges Misstrauen gegenüber allen und jedem ist da tatsächlich oberstes Gebot.
Die Zeit danach
Heute berät Gerhard Schindler Mittelständler in IT-Sicherheitsfragen. Gerade im Bereich "Internet der Dinge", wie zum Beispiel beim "smarten Zuhause", wo die Rollläden automatisch gesteuert werden, wird Sicherheit seiner Einschätzung nach viel zu klein geschrieben. Das ist das eine.
Das andere sind die Unternehmen selbst. 1.500 Mittelständler in Deutschland sind in ihrer Nische Weltmarktführer – noch. "Meistens sind das Unternehmen, die null Euro für die eigene IT-Sicherheit ausgegeben haben. Viele wissen gar nicht, dass ihre Kronjuwelen, die sie irgendwo auf der Festplatte im Betrieb haben, längst virtuell gestohlen worden sind. Nach vier oder fünf Jahren stellt man fest: Mein Produkt ist ja gar nicht mehr Weltmarktführer, da sind jetzt andere am Ruder." Da ist der Verlust der Weltmarktführerschaft nur einen Hackerangriff entfernt.
Olivier Krickel