Die Außenminister aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien treffen an diesem Donnerstag gemeinsam mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini den iranischen Außenminister Mohamed Dschawad Sarif. Bei den Gesprächen am Vormittag in Brüssel soll es vor allem um die amerikanischen Drohungen gehen, das internationale Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufzukündigen. Es wird allerdings erwartet, dass auch die Lage im Iran nach den regimekritischen Protesten zur Sprache kommt.
Unter anderem der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zuletzt auf ein Treffen mit Sarif gedrungen, um über die jüngsten Entwicklungen sprechen zu können. Bei den Protesten und Unruhen im Iran sollen um die Jahreswende herum mehr als 3700 Menschen festgenommen worden sein. 18 Demonstranten wurden getötet, zwei weitere kamen während der Proteste bei einem Unfall ums Leben.
Der EU war zuletzt wiederholt vorgeworfen worden, den Umgang der iranischen Behörden mit den Protesten nur zögerlich und nicht deutlich genug kritisiert zu haben. Ihr wird dabei unterstellt, das Atomabkommen mit dem Iran nicht gefährden zu wollen.
Das Weiße Haus forderte vom Iran die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen einschließlich der bei den jüngsten Protesten Inhaftierten. Die Demonstranten hätten legitime Forderungen erhoben wie etwa nach einem Ende der Korruption, der von der Regierung ausgehenden Gewalt und der Geldverschwendung für militärische Abenteuer, stand in einer Stellungnahme des Weißen Hauses vom Mittwoch.
Der von US-Präsident Donald Trump infrage gestellte Atomvertrag stellt dem Iran eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen - inklusive des Abbaus von Sanktionen - in Aussicht. Im Gegenzug hat sich das Land verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffe bauen zu können. Dies hat Trump bislang nicht angezweifelt. Seine Ausstiegsdrohung begründet er damit, dass der Iran nicht "Frieden und Stabilität in die Region" bringe, was mit dem Abkommen beabsichtigt worden sei.
Der Iran warnte unmittelbar vor dem Außenministertreffen in Brüssel, er werde einen einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen nicht hinnehmen. "Falls die Amerikaner aus dem Deal aussteigen, werden wir in null Komma nichts darauf reagieren", sagte ein Berater von Präsident Hassan Ruhani am Mittwoch ohne Details zu nennen. US-Präsident Donald Trump und die Amerikaner würden sich wundern, wie schnell diese Reaktion erfolgen werde.
Russland kündigte unterdessen an, sich an der Seite der Europäer für das Abkommen einsetzen zu wollen. Die Führung in Teheran komme ihren Verpflichtungen nach, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch bei einem Treffen mit Sarif in Moskau.
Die diplomatischen Bemühungen zur Rettung des Atomabkommens laufen auf Hochtouren, weil in den nächsten Tagen wegweisende Termine anstehen. So läuft am Freitag eine Frist aus, in der Trump über den weiteren Verzicht auf Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramm entscheiden muss.
Am Samstag steht dann eine erneute Zertifizierung des Atom-Deals zwischen dem Iran und den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates sowie Deutschlands an. Beides ist entscheidend für die Zukunft des Abkommens. Bisherige Signale der Regierung deuten jedoch nicht darauf hin, dass Trump die Vereinbarung aufkündigt. Die Regierung plant aber offenbar, die Gangart gegenüber dem Iran auf andere Weise zu verschärfen.
dpa/rkr/sh