Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat die sofortige Absetzung der katalanischen Regierung angeordnet. Rajoy sagte, der Ministerrat habe beschlossen, Regionalpräsident Puigdemont, dessen Stellvertreter und die gesamte katalanische Regierung zu suspendieren. Die Zentralregierung solle die Verwaltung von Katalonien übernehmen. Der Ministerpräsident kündigte außerdem Neuwahlen in Katalonien für den 21. Dezember an.
Parlament in Barcelona stimmt für Unabhängigkeitsresolution
Am Freitagnachmittag hatte das Parlament der Region Katalonien mehrheitlich für einen Prozess zur Loslösung von Spanien und zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt. Die Abgeordneten verabschiedeten in Barcelona eine Resolution über die Konstituierung "einer katalanischen Republik als unabhängigen und souveränen Staat", ohne eine Frist für die Ausrufung festzulegen.
Für die Annahme der Resolution stimmten am Freitag in Barcelona in einer geheimen Wahl vor allem die Abgeordneten des separatistischen Regierungsbündnisses JxSí von Regionalpräsident Carles Puigdemont sowie der linksradikalen Partei CUP. Das Ergebnis lautete 72:10 bei zwei Enthaltungen. Die meisten Abgeordneten der Opposition hatten nach heftiger Debatte noch vor der Abstimmung den Saal verlassen.
Die separatistischen Abgeordneten standen nach Bekanntgabe des Abstimmungssieges von ihren Sitzen auf und sangen die katalanische Nationalhymne. Vor dem Parlament versammelten sich nach Medienschätzung mehr als 15.000 Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung, die das Ergebnis der Abstimmung feierten.
Senat in Madrid stimmt für Zwangsmaßnahmen gegen Katalonien
Der spanische Senat billigte kurze Zeit später eine Entmachtung der katalanischen Regionalregierung und andere Zwangsmaßnahmen. Ministerpräsident Mariano Rajoy kann damit mit harter Hand gegen die nach Unabhängigkeit strebende katalanische Führung vorgehen.
Die Billigung der Maßnahmen wurde schon kurz nach der Abstimmung bei einer Plenarsitzung der zweiten Parlamentskammer im spanischen Amtsblatt veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung wurde die letzte Bedingung für den Einsatz der Maßnahmen erfüllt. Die Schritte gegen die Regionalregierung in Barcelona wurden von Madrid im Rahmen des Verfassungsartikels 155 beschlossen, der in Spanien bisher nie zur Anwendung gekommen war.
EU bezieht eindeutig Position
In Brüssel erklärte EU-Ratspräsident Tusk, für die Europäische Union bleibe Madrid der alleinige Ansprechpartner. Er mahnte die spanische Regierung aber zur Zurückhaltung. Er hoffe, dass die spanische Regierung mehr auf die Stärke des Arguments setzte als auf das Argument der Stärke, erklärte Tusk.
Europaparlaments-Präsident Tajani forderte mehr Autonomie für Regionen wie Katalonien. Mit einem guten Maß an Autonomie gäbe es weniger Abspaltungstendenzen, sagte Tajani. Als Beispiel nannte er Südtirol.
Er rief die EU-Regierungschefs dazu auf, dies zu beherzigen. Mit Blick auf Katalonien sprach er sich eindeutig gegen eine Unabhängigkeit aus. Die sei fatal für Bürger und Wirtschaft und außerdem widerrechtlich, so Tajani. Wenn eine Region sich abspalte, müsse sie die EU verlassen.
dpa/est