Mit einer ungewöhnlich politischen Stellungnahme hat Papst Franziskus den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro dazu aufgerufen, auf die umstrittene Verfassungsgebende Versammlung zu verzichten. Der Heilige Stuhl bitte, diese Initiative zu stoppen oder auszusetzen, Menschenrechte und fundamentale Freiheitsrechte zu achten, teilte der Vatikan am Freitag in Rom mit.
Angesichts der steigenden Zahl von Toten, Verletzten und Festgenommenen beobachte man die "Radikalisierung und Verschärfung der Krise" in dem südamerikanischen Land mit "großer Sorge".
Rund 95 Prozent der 31 Millionen Einwohner Venezuelas sind katholisch, der Vatikan hat schon mehrfach zwischen der sozialistischen Regierung und Opposition zu vermitteln versucht. Maduro inszeniert sich gerne als Freund des Papstes, zuletzt wurde er von Franziskus 2016 im Vatikan empfangen, auch in der aktuellen Krise hat er den Papst als Vermittler ins Spiel gebracht.
Die Opposition unterstellt Maduro, das Land mit der geplanten Verfassungsreform zu einer sozialistischen Diktatur umbauen zu wollen und dass seine Dialog- und Vermittlungsangebote nur Taktik seien. Für Maduro ist die Botschaft des Papstes eine schwere Hypothek, weil seine Stimme in Venezuela Gewicht hat. Forderungen des Klassenfeindes USA nach einem Stopp der Verfassungsreform kann er zum Schließen der eigenen Reihen instrumentalisieren, aber der fehlende Rückhalt des Papstes untergräbt die Legitimität seines Handelns massiv.
Die Papstbotschaft kam wenige Stunden vor dem geplanten Beginn der konstituierenden Sitzung der neuen Versammlung, die im Gebäude des Parlaments tagen sollte, in dem die Opposition die Mehrheit hat. Das Parlament wäre de facto entmachtet, da die neue Versammlung mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet wird.
Mitglieder der Nationalgarde sollten das Gebäude sichern, um blutige Konflikte beim Einzug der 545 Mitglieder der Verfassungsversammlung zu vermeiden, darunter Maduros Frau und Sohn. In einer von Betrugsvorwürfen überschatteten Wahl standen fast ausschließlich Anhänger des Regierungslagers zur Wahl.
dpa/rkr/km - Bild: Alberto Pizzoli/AFP