Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat im Beisein von Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu die Verantwortung seines Landes für die größte Massenverhaftung von Juden während des Zweiten Weltkrieges in Frankreich bekräftigt. Bei der "Razzia vom Vél d'Hiv" hatten französische Polizisten am 16. und 17. Juli 1942 im Auftrag der deutschen Besatzer 13 000 Juden verhaftet. Die Menschen wurden anschließend von der nationalsozialistischen SS in Sammel- und Konzentrationslager in Frankreich verschleppt, später in Vernichtungslager.
"Es war Frankreich, das die Razzia organisierte und später die Deportation", sagte Macron am Sonntag in Paris bei einer Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag. "Nicht ein einziger Deutscher" habe an der Organisation teilgenommen. Die Beteiligung Frankreichs war lange ein Tabu-Thema. Erst 1995 entschuldigte sich der damalige Staatspräsident Jacques Chirac öffentlich.
Unter den Festgenommenen waren damals auch 4.000 Kinder. Ein Großteil von ihnen wurde in der Winter-Radsporthalle (Vélodrome d'Hiver) eingepfercht, andere kamen gleich ins Sammellager Drancy bei Paris. Die Halle in der Nähe des Eiffelturms wurde 1959 abgerissen.
Macron wies bei seiner Ansprache vor Mitgliedern der jüdischen Gemeinde jede Relativierung der französischen Verantwortung zurück. Ohne die Rechtspopulistin Marine Le Pen dabei beim Namen zu nennen, nahm er damit Bezug auf eine Äußerung von ihr kurz vor der französischen Präsidentschaftswahl. Die Kandidatin der rechtsextremen Partei Front National hatte im Fernsehen gesagt, Frankreich sei nicht verantwortlich für die Razzia. Die mit Nazi-Deutschland zusammenarbeitende Vichy-Regierung sei "nicht Frankreich" gewesen.
Netanjahu bezeichnete die Einladung zu der Gedenkveranstaltung in Paris als eine "sehr, sehr starke Geste". Sie beweise die tiefe Freundschaft zwischen Frankreich und Israel.
Im Anschluss wollten Macron und Netanjahu zu Gesprächen im Élyséepalast zusammenkommen. Dabei sollte es um den Nahostkonflikt und den Syrien-Krieg gehen.
dpa/est - Geoffroy Van der Hasselt/AFP