Einer der ranghöchsten Kardinäle im Vatikan, Finanzchef George Pell, legt angesichts von Missbrauchsvorwürfen in seiner Heimat Australien sein Amt vorübergehend nieder. Papst Franziskus habe ihm die Erlaubnis für die Auszeit gegeben, um in Australien seine Unschuld zu beweisen, teilte Pell selbst in Rom mit. Die Anschuldigungen seien komplett falsch.
In Australien war kurz zuvor ein Ermittlungsverfahren gegen den 76-Jährigen wegen Missbrauchsverdachts eingeleitet worden. Er muss im Juli in Melbourne vor Gericht erscheinen. Es ist das erste Mal, dass gegen einen derart ranghohen Würdenträger im Vatikan wegen Missbrauchsvorwürfen ermittelt wird.
Pell soll mehrere Jungen sexuell belästigt haben. Die Vorwürfe sind besonders heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens katholische Kirche über Jahre hinweg den Missbrauch von Kindern heruntergespielt habe. Auch er selbst wurde dafür kritisiert, derartige Fälle unter den Teppich gekehrt zu haben, sagte Victorias Vize-Polizeichef Shane Patton.
Für den Vatikan ist das Ermittlungsverfahren äußerst unangenehm. Papst Franziskus hatte Ende 2014 ein neues Gremium ins Leben gerufen, um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zu erleichtern. Zuletzt war ein Mitglied der Kinderschutzkommission zurückgetreten, aus Frust darüber, dass es mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht vorwärts gehe.
dpa/sh - Foto: Alberto Pizzoli (afp)