Von 1982 bis 1998 war Helmut Kohl der sechste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland - während 16 Jahren, so lange wie niemand vor und nach ihm. Zuvor, von 1969 bis 1976, amtierte er als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. 25 Jahre lang stand er der "Christlich Demokratischen Union" (CDU) als Bundesvorsitzender vor.
Helmut Kohl gilt als "Kanzler der Einheit". In seine Amtszeit als Bundeskanzler fielen der Zerfall der DDR und die deutsche Wiedervereinigung. Er erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte er mit den Staats- und Regierungschefs der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens, Frankreichs sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union die Modalitäten dafür aus. Der Rekordkanzler Deutschlands gilt auch als einer der Wegbereiter der Europäischen Union und einer gemeinsamen Währung. Anfang der 1990er Jahre war Helmut Kohl Ziehvater der heutigen deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
Wegen seiner Rolle in der Spendenaffäre seiner Partei musste Kohl im Jahr 2000 auf Druck Merkels von seinem Posten als Ehrenvorsitzender der CDU zurücktreten. Er weigerte sich bis zu seinem Tod, Auskunft über die Namen von Spendern zu geben. Kohl begründete das mit dem ihnen gegebene Ehrenwort.
In seinen letzten Lebensjahren war Kohl durch Krankheit gezeichnet. Nach einem Sturz 2008, bei dem er ein Schädelhirntrauma erlitten hatte, saß er im Rollstuhl und konnte kaum noch sprechen. 2015 verschlechterte sich sein Zustand deutlich. Nach monatelangem Klinikaufenthalt kam er aber wieder zu Kräften. Im April 2016 empfing er zuhause in Oggersheim den umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Seine Frau Hannelore, mit der 41 Jahre verheiratet war und gemeinsam zwei Söhne hatte, starb bereits im Jahr 2001 durch Selbstmord. Sie hatte viele Jahre unter einer schweren Krankheit gelitten. Seitdem lebte Helmut Kohl mit der heute 53-jährigen Maike Richter zusammen.
Reaktionen auf Nachricht vom Tod Helmut Kohls
Die Nachricht vom Tod Helmut Kohls hat große Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel würdigte den Altkanzler als "großen Deutschen und großen Europäer".
Kohls langjähriger Freund, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, sagte, er sei in großer Trauer. Der Altkanzler habe ihn auf allen europäischen Wegen geleitet und begleitet. Juncker ließ alle Flaggen vor den EU-Institutionen auf Halbmast setzen.
Premierminister Charles Michel trauert um Helmut Kohl. "Ein wahrer Europäer ist am Freitag von uns gegangen. Helmut Kohl wird uns fehlen", teilte der Regierungschef in Brüssel mit. (br/dpa/rkr)
Rudi Schroeder - Archivbild: Daniel Roland/AFP
Kohl war ein Machtmensch durch und durch. Im positiven wie auch negativen Sinne. Zu seinen größten Leistungen gehört wohl die deutsche Einheit. Zu den negativen Seiten zählt seine Mitverantwortung an der schlecht geplanten und ökonomisch nicht notwendigen Einführung des Euro, deren Konsequenzen wir heute noch spüren. Es war ein politisches Projekt, das er zusammen mit Mitterand ausgeheckt hatte im Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Der Gedanke war wohl die Europäische Einheit zu forcieren durch absichtlich und künstlich hervorgerufene Probleme. Ein Zwang zur Einigkeit sozusagen.