Die frühere bürgerliche Regierungspartei GERB hat die Parlamentswahl in Bulgarien am Sonntag gewonnen, die absolute Mehrheit in der Volksversammlung aber verfehlt. Die pro-europäischen Bürgerlichen kamen nach den amtlichen Zwischenergebnissen vom Montag auf 32,6 Prozent der Stimmen und verharrten auf dem Niveau der Wahl von 2014. Die aus den früheren Kommunisten hervorgegangenen Sozialisten gewannen kräftig hinzu und landeten mit 27,1 (nach 15,4) Prozent wieder auf Platz zwei.
Drei weitere Parteien haben die Vier-Prozent-Hürde für den Eintritt ins Parlament überwunden. Dies mache die Bildung einer neuen Regierung zur schwierigen Mission, waren sich Politologen am Montag einig. Nicht ins Parlament schaffte es die neue Türkenpartei DOST, der Nähe zur türkischen Regierung nachgesagt werden.
Der pro-westliche Reformblock, der zuletzt Koalitionspartner der GERB gewesen war, stürzte von 8,9 auf drei Prozent und verpasste den Wiedereinzug ins Parlament. Dies dürfte die Bildung der neuen Regierung zusätzlich erschweren. Die neue populistische Wolja (Wille) wurde mit 4,15 Prozent der Stimmen zur kleinsten Parlamentspartei.
GERB-Chef Boiko Borissow war in der Wahlnacht zuversichtlich, dass Bulgarien schnell eine neue Regierung bekommen werde. "Ich hoffe, dass schnell eine Regierung gebildet wird, die den Erwartungen der Menschen entspricht", sagte Borissow am Abend in der Parteizentrale. Borissow wollte vor Beratungen mit möglichen Koalitionspartnern keine Bedingungen stellen.
Die Sozialisten (BSP) lehnten eine große Koalition mit den Bürgerlichen ab. "In der Politik gibt es prinzipielle Sachen. (...) Wir sind eine Alternative zur GERB", sagte Sozialisten-Chefin Kornelia Ninowa nach einer Sitzung der Parteiführung. Die BSP wollte aber eine Regierung bilden, sollte die GERB scheitern.
Bis die neue Regierung steht, wird das Interimskabinett in Sofia weiterregieren. Es wurde von dem neuen, russlandfreundlichen Staatschef Rumen Radew im Januar ernannt. Die Neuwahl war durch den Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung im November 2016 wegen des Scheiterns der GERB bei der Präsidentenwahl ausgelöst worden. Borissow war von 2009 bis 2013 sowie von 2014 bis 2016 Ministerpräsident, wobei er die Regierungsgeschäfte bis Januar 2017 trotz Rücktritts weiter führte.
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