Der portugiesische Nobelpreisträger José Saramago ist tot. Nach portugiesischen Medienangaben starb er heute im Alter von 87 Jahren auf der spanischen Kanaren-Insel Lanzarote.
Saramago hatte 1998 den Literaturnobelpreis bekommen. Er ist einer der weltweit meistgelesenen Autoren portugiesischer Sprache.
Der überzeugte Kommunist Saramago wurde 1922 in der Ortschaft Azinhaga nahe Lissabon als Sohn eines Landarbeiters und späteren Polizisten geboren. Nach dem vorzeitigen Schulabgang wurde er Maschinenschlosser, arbeitete später als technischer Zeichner, Angestellter in der Sozialbehörde, in einem Verlag und als Journalist.
Ich bin kein Pessimist, sondern bloß ein gut informierter Optimist. José Saramago
Erst mit etwa 40 Jahren fand er zur Schriftstellerei. 1966 erschien unter dem Titel 'Os poemas possíveis' (Die möglichen Gedichte) sein erstes Buch. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit Romanen wie 'Hoffnung im Alentejo' (1980), 'Das Memorial' (1982) oder 'Das Todesjahr des Ricardo Reis' (1984), die durch die bilderhafte und barock anmutende Sprache bestechen.
Saramago meldete sich auch zur aktuellen Politik gerne zu Wort - und eckte dabei nicht selten an. Bei einem Besuch in Ramallah etwa verglich er die israelische Besetzung in den palästinensischen Autonomiegebieten mit den Gräueln der Nazis in Auschwitz und Buchenwald. "Die Israelis haben Palästina in ein Konzentrationslager verwandelt." Trotz der Proteste nahm er seine Vorwürfe nicht zurück.
Neuer Staat Iberia aus Spanien und Portugal
In seiner Heimat sorgte der Schriftsteller mit einem provozierenden Vorschlag ebenfalls für Aufregung. Er regte an, Portugal solle territorialer Bestandteil des großen Nachbarn Spanien werden. Um die Empfindlichkeiten und den Stolz der Portugiesen nicht zu verletzen, könne sich der neue Staat 'Iberia' nennen. In Portugal brachte Saramago dies den Vorwurf des Vaterlandsverrats ein - zumal er selbst jahrelang Wahlspanier war: Er lebte mit seiner spanischen Frau, der Übersetzerin Pilar del Río, seit 1993 auf Lanzarote.
Dorthin war er aus Protest gegen die damalige konservative Regierung seines Landes ausgewandert. Diese hatte seinen siebten Roman, 'Das Evangelium nach Jesus Christus', 1992 wegen angeblicher Verletzung religiöser Gefühle von der Vorschlagsliste für den Europäischen Literaturpreis streichen lassen - der bekennende Atheist Saramago hatte den Gottessohn als Jüngling dargestellt, der auch an seinem eigenen Glauben zweifeln kann. "Wenn so etwas zu Zeiten der Salazar-Diktatur geschehen wäre, hätte ich es ja noch verstehen können. In einer Demokratie aber empfand ich diese Zensur beschämend", sagte Saramago.
Optimist kann eigentlich nur sein, wer gefühllos, dumm oder Millionär ist. José Saramago
Wenn er über Unterdrückte und Besitzlose schrieb, tat er das nicht mit erhobenem Zeigefinger. Herrschende prangerte er mit Ironie und zuweilen bitterem Sarkasmus an. "Meine Figuren sind einfache Leute, nicht zu schön und nicht zu hässlich, die in Grenzsituationen dank Freundschaft oder Liebe zueinanderfinden", erklärte Saramago.
In Portugal hatte er zuletzt unter dem Titel 'Die kleinen Memoiren' eine Art Autobiografie herausgebracht, die mit dem 15. Lebensjahr endet. "Diese Zeit hat mich am meisten geprägt, im Grunde bin ich ein Bauersjunge geblieben", sagte er. In dem Buch erfährt der Leser auch, dass Saramago eigentlich José de Sousa heißt.
Sein richtiger Familienname ging beim Eintrag ins Geburtenregister verloren, weil der zuständige Beamte betrunken war. Er trug den Kosenamen ein, mit dem die Familie in ihrem Dorf bekannt war. Der Fehler kam erst Jahre später bei der Einschulung heraus und war nicht mehr rückgängig zu machen.
dpa/km - Bild: epa