Erst nach 17 Stunden konnten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über die Haftanstalt Anísio Jobím in der nordbrasilianischen Stadt Manaus wiedergewinnen. Sicherheitssekretär Sérgio Fontes hatte zunächst eine Opferzahl von mehr als 60 angegeben.
Bei einer weiteren Meuterei in einer nur 100 Meter entfernten anderen Haftanstalt konnten 87 Häftlinge flüchten. In einem dritten Gefängnis in unmittelbarer Nähe unterdrückten die Sicherheitsbehörden einen Aufstand rasch. Die Revolten waren nach Regierungsangaben koordiniert.
Die Meuterei in dem Gefängnis Anísio Jobím war am Sonntag ausgebrochen, als rivalisierende Häftlingsgruppen aneinander gerieten - mutmaßlich ging es um die Kontrolle des Drogenhandels in der Anstalt. Zwölf Gefängniswärter und zahlreiche Häftlinge seien zeitweise als Geiseln genommen worden. Geköpfte Leichen von sechs Inhaftierten seien von Aufständischen aus dem Gebäude geworfen worden.
Dutzende Angehörige von Häftlingen versammelten sich vor der Haftanstalt, um Auskunft über inhaftierte Verwandten zu bekommen. Pressevertretern wurde der Zutritt verweigert.
Zwei berüchtigte Banden sollen an dem Gewaltausbruch beteiligt gewesen sein: die Primeiro Comando da Capital (PCC/Erstes Kommando der Hauptstadt) mit Hauptsitz in São Paulo und die Familia del Norte (FDN). Es handelt sich um die höchste Opferzahl bei einer Gefängnisrevolte in Brasilien seit der Meuterei 1992 in der Haftanstalt von Carandiru in São Paulo. Dort kamen 111 Häftlinge um, als die Polizei das Gefängnis stürmte.
Die kriminellen Banden sind landesweit organisiert. Mitglieder können auch in Haft in der Regel untereinander per Handy kommunizieren. Die Polizei hält sich im Inneren der Gefängnisse aus dem Geschehen heraus. So blüht auch hinter den Mauern der Drogenhandel.
Die Gewerkschaften der Haftwärter kritisieren vor allem eine völlig unzureichende Personalausstattung. Brasilien ist eines der Länder mit der höchsten Zahl an Gefängnisinsassen. Nach Angaben des Instituts IPCR gibt es derzeit über 620.000 Häftlinge im Land.
dpa/sh/km - Bild: Marcio Silva/AFP