Bei einem möglichen Anschlag mit einem Lastwagen auf einen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin sind am Montagabend mindestens neun Menschen getötet worden. Das teilte die Polizei mit. Nach Angaben der Feuerwehr wurden mindestens 50 Menschen teils lebensgefährlich verletzt.
Zuerst hatte die Polizei von einem Anschlag gesprochen. Inzwischen hat sie diese Aussage relativiert und spricht von einem "möglichen Anschlag". Fest stehe noch nichts, aber vieles spreche für eine islamistische Attacke, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montagabend aus Sicherheitskreisen. Justizminister Heiko Maas hatte zuvor über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt, Generalbundesanwalt Peter Frank übernehme den Fall.
Wie die Polizei berichtet, ist ein Verdächtiger tot. Über die Todesursache des Mannes, der als Beifahrer im Führerhaus des Lastwagens saß, ist bisher nichts bekannt. Außerdem bestätigte die Polizei, dass in der Nähe des Tatortes ein Verdächtiger festgenommen wurde. Es werde nun geprüft, ob es sich dabei um den Fahrer des Tatfahrzeugs handelt.
Laut Polizei gibt es derzeit "keine Hinweise auf weitere gefährdende Situationen in der City nähe Breitscheidplatz". Außerdem rufen die Behörden die Menschen dazu auf, zu Hause zu bleiben und keine Videos vom Ereignisort ins Internet zu stellen. Damit soll die Privatsphäre der Opfer und ihrer Angehörigen geschützt werden. Auch sollen Bürger keine Gerüchte in Form von ungesicherten Informationen über das Web verbreiten.
Der schwarze Lastwagen war über den Gehweg am Breitscheidplatz gefahren und hatte mehrere Buden zerstört.
Der Lastwagen fuhr nach Polizeiangaben auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern über den Markt zwischen den Ständen durch und verletzte dabei auch Menschen. Der Lastwagen kam auf der Budapester Straße zu stehen. Der Fahrer flüchtete zunächst Richtung Zoo.
Der Sattelschlepper war vorne stark demoliert und nach dem Anschlag vor dem Hochhaus des Waldorf-Astoria-Hotels abgestellt, wie ein dpa-Fotograf berichtete.
Dutzende Rettungswagen und viele Polizeiwagen waren vor Ort. Das Gelände wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachtsmarkt gelassen. Ein Live-Video auf der Facebook-Seite der "Berliner Morgenpost" zeigte zerstörte Buden auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche.
Bei einem Anschlag im Juli in Nizza waren 86 Menschen ums Leben gekommen, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromenade der Mittelmeermetropole fuhr. Für diesen Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen.
Reaktionen
Bundespräsident Joachim Gauck hat sich tief betroffen über das "schreckliche Geschehen" auf einem Berliner Weihnachtsmarkt geäußert. "Auch wenn wir noch nicht viel über die Hintergründe des schrecklichen Geschehens auf dem Berliner Weihnachtsmarkt wissen: Ich bin in Gedanken bei den Opfern, bei ihren Angehörigen, bei allen Menschen, die um Familienangehörige oder Freunde fürchten."
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich bestürzt über den möglichen Anschlag mit einem Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gezeigt. "Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montagabend über den Kurnachrichtendienst Twitter mit. Merkel sei mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller in Kontakt.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat sein Mitgefühl ausgedrückt. "Diese Nachricht erschüttert uns umso mehr, weil sie dort zusammengekommen waren, um die Vorweihnachtszeit zu feiern, die viele mit Besinnlichkeit und Frieden verbinden. Wir sind mit den Opfern in tiefer Trauer verbunden."
Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault hat betroffen auf den möglichen Anschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt reagiert. "Entsetzt von den Nachrichten aus Berlin und vollkommen solidarisch mit unseren deutschen Freunden", schrieb der Pariser Chefdiplomat am Montagabend auf Twitter. Solidaritätsbekundungen kamen auch aus Nizza, wo ein Lastwagen-Attentat im Juli 86 Menschen getötet hatte. "Horror in Berlin. Unterstützung für den Bürgermeister von Berlin und das deutsche Volk. Nie wieder das", erklärte der führende konservative Regionalpolitiker Christian Estrosi.
Außenminister Didier Reynders hat seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier sein Mitgefühl bekundet. Reynders ist am Abend in der ägyptischen Hauptstadt Kairo angekommen, wo er an einem Treffen von EU und Arabischer Liga teilnehmen wird.
"Es ist eine echte Tragödie, was heute Abend in Berlin passiert ist", sagte Reynders der Nachrichtenagentur Belga. "Meine ersten Gedanken gelten den Familien der Opfer." Außerdem sagte Reynders, es sei der "x-ste Anschlag", der Erinnerungen an die Ereignisse von Nizza wecke. Es sei eine Tat gegen die deutsche Bevölkerung und alle Menschen, die dieselben Werte teilten. Nun müsse die Justiz an die Arbeit gehen.
dpa/belga/mitt./okr - Bild: Odd Andersen / John MacDougall (afp)