IWF-Chefin Christine Lagarde hat nach dem Urteil eines Pariser Gerichts in ihrer Zeit als französische Finanzministerin fahrlässig im Amt gehandelt. Der Gerichtshof der Republik sprach sie am Montag schuldig, verhängte aber keine Strafe. Der Vorwurf in dem Prozess lautete, Lagarde habe nachlässig gehandelt und damit eine Veruntreuung öffentlicher Gelder ermöglicht. Sie selbst hatte beteuert, nach bestem Gewissen gehandelt zu haben.
Die Entscheidung erschüttert Lagardes Glaubwürdigkeit. Laut früheren Angaben aus Kreisen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington gibt es keine Vorschrift, nach der Lagarde im Falle eine Verurteilung zwingend ihr Amt aufgeben müsste. Über das weitere Vorgehen werde der Exekutivrat der Finanzinstitution entscheiden.
Das Gericht setzte sich mit seinem Urteil über die Staatsanwaltschaft hinweg, die sich gegen eine Verurteilung der Finanzmanagerin ausgesprochen hatte. Lagarde hörte das Urteil nicht. Sie war laut ihrem Anwalt Patrick Maisonneuve bereits in Washington.
Im Mittelpunkt des Prozesses stand die Affäre um den schillernden Ex-Minister und Geschäftsmann Bernard Tapie. Lagarde stimmte 2007 einem Schiedsverfahren zu, um einen langwierigen und höchst komplexen Rechtsstreit mit Tapie beizulegen. Als die Schiedsmänner dem Unternehmer daraufhin eine hohe Summe von mehr als 400 Millionen Euro zusprachen, verzichtete Lagarde auf einen Einspruch. Das Gericht kreidete Lagarde an, diesen Einspruch nicht eingelegt zu haben.
Lagarde leitet den Weltwährungsfonds seit 2011 und gehört damit zum kleinen Zirkel der mächtigsten Frauen der Welt. Sie hatte im Prozess in der vergangenen Woche beteuert, sie sei unschuldig und habe nach bestem Gewissen gehandelt. Sie war von 2007 bis 2011 unter Präsident Nicolas Sarkozy französische Wirtschafts- und Finanzministerin gewesen.
In dem Verfahren drohten maximal bis zu ein Jahr Haft und 15.000 Euro Strafe. Der Gerichtshof der Republik tagt nur sehr selten. Er ist für Vergehen französischer Regierungsmitglieder im Rahmen ihres Amtes zuständig. Das Sondergericht wurde 1993 geschaffen. Das Verfahren gegen Lagarde war erst der fünfte Prozess. Auf der Richterbank sitzen neben drei Berufsrichtern zwölf Parlamentarier.
Das Schiedsverfahren im Rechtsstreit um Tapie erwies sich letztlich als eine schlechte Lösung. Inzwischen laufen Betrugsermittlungen gegen mehrere Beteiligte, weil es Verbindungen zwischen Tapie und einem der Schiedsleute gegeben haben soll. Der Schiedsspruch wurde deshalb bereits von Gerichten aufgehoben. Tapie (73) wurde zudem verurteilt, die Entschädigung von rund 400 Millionen zurückzuzahlen. Die nach ihm benannte Affäre gilt als noch lange nicht beendet.
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