Der politisch angeschlagene und unbeliebte Sozialist räumte ein, dass er im eigenen Lager keinen breiten Rückhalt habe. Hollande betonte, dass er eine Zersplitterung des linken Lagers nicht akzeptieren wolle - als Konsequenz tritt er ab. «Ich möchte nicht, dass Frankreich Abenteuern ausgesetzt wird, die kostspielig und sogar gefährlich für seine Einheit, seinen Zusammenhalt und sein soziales Gleichgewicht wären», sagte er mit Blick auf die politische Konkurrenz.
Die Opposition wertete die Ankündigung als Eingeständnis des Scheiterns. Politiker des linken Spektrums sprachen dagegen von einer würdigen Entscheidung im Interesse des Landes.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Konservativen mit großer Mehrheit den wirtschaftsliberalen Ex-Premier Fillon zu ihrem Kandidaten gekürt. Während sich die bürgerliche Rechte geschlossen hinter Fillon aufstellt und die rechtsextreme Front National ohne große Debatten ihre Chefin Marine Le Pen stützt, ist die Linke zerstritten.
Hollande hatte im Élysée-Palast viele Rückschläge wegzustecken. In seine Amtszeit seit 2012 fallen drei schwere Terroranschläge, Streiks, Proteste und gescheiterte Reformen. Das Land kommt wirtschaftlich nicht richtig in Schwung, die Arbeitslosenquote liegt bei rund 10 Prozent.
«Trauriger Epilog»
Die französische Presse «La Croix« kommentiert: «Statt sich an die Macht zu klammern, macht Hollande «die Zukunft des Landes» zur Priorität. Und auch wenn er es nicht wirklich zugibt, beugt er sich den Konsequenzen eines Versprechens, das er nicht halten konnte: die Arbeitslosigkeit schnell und deutlich zu senken. Das politische Wort gewinnt damit an Glaubwürdigkeit.»
«Le Figaro» schreibt: «Trauriger Epilog einer null und nichtigen Amtszeit [...] François Hollande hat nicht mal versucht, den Anschein zu wahren. Wieder einmal hat er nichts entschieden: Er knickt ein. Er verlässt die Bühne so, wie er sie ausgefüllt hat: mit schiefer Krawatte, verloren in zu großen Kleidern. (...) Frankreich hat bereits einen Schlussstrich gezogen. Es weißt genau, dass François Hollande gestern nicht darauf verzichtet hat, sich um eine zweite Amtszeit zu bewerben. In Wahrheit ist er nie Präsident gewesen.»
Die Zeitung «Libération» meint: «Ehrenwert. Hollande verzichtet, weil er sicher ist, dass seine Kandidatur der Linken schaden würde. Zu viele Spaltungen, zu viel Gewalt, zu viel Bitterkeit: Er wollte keinen harte, brutalen, brudermörderischen Kampf in einer bereits zerrissenen politischen Familie führen, in einer von Unsicherheiten geplagten Nation. Es gibt nur selten Politiker, die hellsichtig genug sind, um sich freiwillig von der Macht zu entfernen im Namen eines übergeordneten Interesses, einer notwendigen Solidarität, einer Idee.»
dpa/cd - Bild: Olivier Morin (afp)