Auch die Wirtschaft schaut verstört Richtung Amerika: Was hat der frisch gewählte Präsident vor und welche Auswirkungen wird seine Politik auf die engen Handelsbeziehungen zwischen Europa und den USA haben? Kritiker und Gegner des Freihandels dürfte eine Sache jedoch freuen: Das geplante Freihandelsabkommen TTIP wird es wohl nicht geben.
Donald Trump will Amerika wieder groß machen. Große Frage in Brüssel: Was bedeutet das für Europa? Vor allem in Bezug auf die Wirtschaftsbeziehungen herrscht Rätselraten. Wird der neue amerikanische Präsident protektionistische Maßnahmen in die Wege leiten und Schutzzölle erheben?
Hoffentlich nicht, sagt Flanderns Ministerpräsident Geert Bourgeois. Denn die US-Unternehmen sind der größte Investor in Belgien. Und die USA der größte Exportmarkt für belgische Firmen außerhalb Europas. Eine Abschottung hätte verheerende Folgen auf die Beschäftigung und den Wohlstand hierzulande.
Bei der wallonischen Exportagentur Awex steht das Telefon nicht mehr still. Besorgte Unternehmer wollen wissen, welche Auswirkungen der neue US-Präsident Trump auf ihre Geschäfte haben wird. „Man wird abwarten müssen, welche Entscheidungen Trump tatsächlich trifft“, sagt Awex-Geschäftsführerin Pascale Declominette.
De Gucht: TTIP ist tot
Wirtschaftlich ist nicht nur Belgien, sondern sind auch viele andere EU-Staaten auf die USA angewiesen. Deswegen hatten Europa und seine 28 Mitgliedsstaaten vor zwei Jahren Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen gestartet. Kandidat Trump hatte im Wahlkampf aber mehrmals gegen solche Verträge gewettert. Für den ehemaligen EU-Handelskommissar Karel De Gucht ist deshalb klar: „TTIP ist tot“. Sein Rat: „Abwarten, was in vier oder acht Jahren ist.“ Aber Herr Trump, der die Wahl mit protektionistischen Versprechen gewonnen habe, werde die TTIP-Verhandlungen sicher nicht in die Hand nehmen.
Auch die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström gibt zu: „Es wird jetzt zu einer natürlichen Verhandlungspause zwischen Europa und den USA kommen“. Fügt aber hinzu: Die hätte es wegen des bevorstehenden Regierungswechsels so oder so gegeben. Wie lange diese „natürliche Verhandlungspause“ dauern wird, sei unmöglich vorherzusagen, sagt Malmström.
Die vielen TTIP-Kritiker und Gegner können langsam aber die Sektkorken knallen lassen – dank Donald Trump. EU-Kommissarin Malmström bleibt aber vom Mehrwert eines Abkommens zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt überzeugt. Es mache weiterhin Sinn an TTIP zu arbeiten, um den Handel zwischen den EU-Staaten und den USA zu vereinfachen, sagt Kommissarin Malmström. Von einem Vertragsabschluss dürfte inzwischen aber auch sie nicht mehr ausgehen…
Alain Kniebs - Foto: BRF (Archiv)