Mit einem fulminanten Finale haben Donald Trump und Hillary Clinton den wohl spektakulärsten Wahlkampf in der US-Geschichte zu Ende gebracht - jetzt hat der Wähler das Wort. Am Dienstag wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten und Nachfolger von Barack Obama, der nach acht Jahren im Januar 2017 aus dem Amt scheidet. Die frühere Außenministerin und First Lady Clinton geht als Favoritin in den Wahltag. Die meisten Umfragen sehen sie knapp vorn. Beide Kandidaten investierten am Montag noch einmal Millionen in abschließende TV-Werbespots.
Bis in den späten Abend schworen die beiden Kontrahenten ihre Anhänger auf den Wahltag ein. Donald Trump tourte noch am Montag durch fünf wichtige Staaten, Hillary Clinton durch drei. «Ihr habt die Wahl zwischen einer verlässlichen und starken Staatsführung und einem unsicheren Kantonisten, der alles aufs Spiel setzt», sagte Clinton unter dem Jubel Tausender Anhänger in Philadelphia. «Wir stehen vor der größten Prüfung unserer Zeit.»
Clinton hatte wie bereits in den Vortagen noch einmal alles aufgeboten, was die demokratische Partei personell zu bieten hat: Mit Barack Obama und Bill Clinton zwei Präsidenten, First Lady Michelle Obama als Wahlkampfwunderwaffe und Clintons Tochter Chelsea. Alle zeichneten vom politischen Seiteneinsteiger Donald Trump ein Bild, das ihn als Risiko für die Vereinigten Staaten und die Welt erscheinen ließ.
Der Immobilienunternehmer aus New York beendete seinen Wahlkampf in Pennsylvania, Michigan und New Hampshire. Trump versprach seinen Anhängern einen großen Sieg. Er bezeichnete das politische System in den Vereinigten Staaten erneut als gezinkt. «Aber das wissen wir längst», sagte er in Florida. Mit Spannung wird auch erwartet, ob Trump eine mögliche Niederlage anerkennen würde. Zahlreiche Amerikaner befürchten Gewaltausbrüche enttäuschter Trump-Anhänger. Auf Sozialen Medien wurde bereits zur Waffengewalt aufgerufen.
Trump hatte in dem mehr als ein Jahr lang dauernden Wahlkampf mit Aufsehen erregenden Vorschlägen Schlagzeilen gemacht, darunter der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Ihm wird Fremdenfeindlichkeit und mangelnde politische Erfahrung vorgeworfen. Aus den Reihen der Demokraten wird Trump auch beschuldigt, mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammenzuarbeiten. Das Computersystem der demokratischen Partei wurde gehackt. US-Behörden sehen mögliche Täter in Russland.
Das für Hillary Clinton bereits gewonnen geglaubte Rennen um das Weiße Haus war zwei Wochen vor dem Wahltermin noch einmal spannend geworden. Weitere Untersuchungen des FBI in Clintons E-Mail-Affäre hatten für ein riesiges mediales Aufsehen gesorgt, stellten sich aber als de facto gegenstandslos heraus. Die Bundespolizei änderte ihre Auffassung nicht, dass eine Anklage gegen Clinton nicht vertretbar sei.
Wahlberechtigt sind am Dienstag von den 322 Millionen US-Bürgern theoretisch alle, die mindestens 18 Jahre alt sind. Das sind etwa 219 Millionen. Voraussetzung ist, dass sich ein Wähler registrieren lässt und nicht von der Wahl ausgeschlossen wird - beispielsweise wegen einer kriminellen Vergangenheit. Über 41 Millionen Amerikaner haben bereits frühzeitig abgestimmt - darunter auch ein Astronaut von der Internationalen Raumstation ISS aus.
In drei wichtigen Bundesstaaten deutete sich eine hohe Beteiligung hispanischer Wähler an, darunter in Florida. Das ist für Clinton Anlass zur Hoffnung: Diese Gruppe neigt dazu, eher demokratisch zu wählen. Zudem sind viele Latinos abgeschreckt von Trumps feindlicher Rhetorik gegen Einwanderer aus Mexiko.
Die Wahllokale schließen in der Regel um 18.00 Uhr Ortszeit. Erste Ergebnisse einzelner Bundesstaaten werden nicht vor 01.00 Uhr unserer Zeit erwaret. Alle Augen sind zunächst auf den Südstaat Florida gerichtet. «Wenn das Ergebnis in Florida schnell feststeht und der Abstand groß ist, dann wird das unglaublich aussagestark sein», sagte CNN-Chefkorrespondentin Dana Bash am Montag.
dpa/jp/sh - Foto: Kena Betancur (afp)