Alles wieder auf Null: Die Kolumbianer haben den Friedensvertrag zwischen der Regierung und der linken Guerillaorganisation Farc völlig überraschend abgelehnt. 50,22 Prozent votierten bei dem Referendum am Sonntag gegen das Abkommen, wie die Wahlbehörde nach der Auszählung fast aller Stimmen mitteilte. 49,77 Prozent stimmten für den Vertrag. Alle Umfragen waren zuvor von einer Bestätigung des Abkommens ausgegangen.
Die Gegner des Vertrag jubelten, als sich das Nein abzeichnete. Befürworter des Abkommen hingegen brachen in der Hauptstadt Bogotá in Tränen aus. Das äußerst knappe Ergebnis zeigte auch, wie tief gespalten die kolumbianische Gesellschaft nach über 50 Jahren des internen Konflikts ist. Wie es mit dem kolumbianischen Friedensprozess nun weitergeht, ist völlig unklar.
Die Regierung und die Farc-Rebellen hatten den Vertrag nach knapp vierjährigen Verhandlungen am vergangenen Montag unterzeichnet. Er sollte den ältesten bewaffneten Konflikt Lateinamerikas mit mehr als 220.000 Toten und Millionen Vertriebenen beilegen.
Für Präsident Juan Manuel Santos ist das Ergebnis der Volksabstimmung bindend. Nach dem negativen Votum kann er das Abkommen nun zunächst nicht umsetzen. Es gibt Überlegungen, ob sich nun der Kongress den Friedensvertrag zu eigen machen und in Kraft setzten könnte. Gegen den ausdrücklichen Willen der Wähler dürfte das allerdings schwer zu vermitteln sein.
Politisch ist die Ablehnung ein harter Rückschlag für Staatschef Santos. Er hatte den Friedensprozess mit den Farc in das Zentrum seiner Präsidentschaft gestellt und offensiv für das Abkommen geworben. Wegen der Friedensverhandlungen hatte er sich auch mit seinem Vorgänger und Ziehvater Álvaro Uribe überworfen.
Milde Strafen
Der Vertrag sieht eine Landreform und neue Ansätze zur Bekämpfung des Drogenhandels vor. Die Farc wollten künftig mit politischen Mitteln für ihre Ziele eintreten. Die Rebellen sollten in den kommenden zwei Wahlperioden zehn Abgeordnetenmandate garantiert bekommen. Zudem wären selbst schwerste Verbrechen nur mit maximal acht Jahren Haft geahndet worden.
Die Gegner des Abkommens hatten vor allem die relativ milden Strafen für die Guerilleros kritisiert. "Der Frieden weckt Hoffnungen, aber die Vertragstexte sind enttäuschend", sagte Ex-Präsident Uribe, der für eine Ablehnung des Abkommens geworben hatte. Präsident Santos sagte mehrfach, er habe keinen "Plan B". Er warnte davor, eine Ablehnung des Vertrag werfe das Land in die dunkelste Epoche des blutigen Konflikts zurück.
Angesichts der unsicheren politischen und rechtlichen Lage dürften die rund 5800 Farc-Kämpfer nun zunächst nicht wie geplant ihre Waffen niederlegen. Ob sie den bewaffneten Kampf wieder aufnehmen oder an ihrem politischen Projekt festhalten, muss sich zeigen. Für die Farc ist die neue Situation nach dem Nein zum Abkommen mit erheblichen Risiken behaftet, da sie nun keine Sicherheitsgarantien haben.
dpa/jp/km - Bild: Guillermo Legaria/AFP