Es ist ein gefürchtetes Szenario, das die Kalifornier nur allzu gut kennen: Eine Feuerwalze frisst sich seit Tagen durch trockene Wälder und verdorrtes Buschland. Sie treibt Zehntausende Menschen in die Flucht. Haushohe, rote Flammenwände lassen eine schwarz verkohlte Mondlandschaft zurück. Die Schreckensbilder kommen diesmal aus einer bergigen Region im Bezirk San Bernardino, gut 100 Kilometer nordöstlich von Los Angeles.
Heftige Winde fachen dort seit Dienstag ein verheerendes Feuer an. Über 12 000 Hektar Land sind verwüstet, mehr als 80 000 Menschen wurden aufgefordert, die Gefahrenzone zu verlassen. "Nehmen Sie diese Warnung ernst!", mahnte der Sprecher der Brandschutzbehörde Cal Fire, Daniel Berlant, am Donnerstag.
Doch viele sind geblieben und riskieren ihr Leben, um ihr Hab und Gut notfalls mit Wasserschläuchen zu retten. Auch James Bailey, der seit etwa 40 Jahren in der ländlichen Bergregion am Cajon-Straßenpass wohnt, harrt mit seiner Frau im Wohnwagen des Paares aus. "Ich konnte einfach nicht glauben, wie hoch die Flammen waren. Der ganze Berg war rot", sagte er der "Los Angeles Times". Bis jetzt blieb sein Heim verschont.
Der erste Hoffnungsschimmer für die Betroffenen: Der gesperrte Interstate-15-Highway, der Los Angeles und Las Vegas verbindet, war am Donnerstag wieder befahrbar. Zudem galten einige Ortschaften nicht mehr als gefährdet, die ersten Bewohner durften in ihre Häuser zurückkehren.
Doch manche werden in den kommenden Tagen nur noch verkohlte Überreste ihrer Häuser vorfinden. "Zahlreiche Gebäude sind zerstört worden, doch wir wissen noch nichts Genaues", so die vorsichtige Einschätzung von Sprecher Berlant. Für eine Bestandsaufnahme in dem Katastrophengebiet sind die Flammen noch zu unberechenbar, die Lage ist zu gefährlich. Doch die Bilder von ausgebrannten Autos und schwelenden Hausruinen unter schwarzem Rauch und Ascheregen lassen das Schlimmste befürchten.
Mitten in der Verwüstung gibt es auch herzerweichende Nachrichten: Berlant zeigt Fotos von einem Feuerwehrmann, der einen Hund mit leicht versengten Pfoten aus einem Haus rettet. Berichte über Todesopfer durch das von der Brandschutzbehörde mit dem Namen "Blue Cut" versehene Feuer gibt es es bis jetzt nicht.
Häufig werden derart massive Brände von den gefürchteten Santa-Ana-Winden angetrieben. Doch die heftigen Wüstenwinde, die meist im Herbst wehen, sind diesmal nicht schuld. Eine Hitzewelle mit extrem trockener Luft und die ausgedorrte Vegetation nach fünfjähriger Dürre in dem Westküstenstaat sind der Zündstoff für die jüngste Katastrophe.
In dem "Goldenen Staat" mit den von der Sonne braun versengten Landstrichen sind derzeit fast 10 000 Feuerwehrleute gegen acht größere Flächenbrände im Einsatz. Allein 1500 Helfer fahren gegen das "Blue Cut"-Feuer in Südkalifornien schweres Geschütz auf. Ein Dutzend Löschflugzeuge und 17 Helikopter helfen aus der Luft mit. Der pausenlose Fluglärm und dazu die Sirenen der Feuerwehrautos hätten den schaurigen Klang eines Krieges, zitierte die "Los Angeles Times" den Kalifornier James Bailey.
Es könnte noch schlimmer kommen. Gewöhnlich toben die schwersten Brände erst am Ende eines langen, heißen Sommers. Unvergessen ist das Inferno vom Herbst 2007: Damals hatte das Flammenmeer zwischen San Diego und Malibu zeitweise eine Million Menschen in die Flucht getrieben. Mehr als 1500 Häuser wurden zerstört, zwölf Menschen kamen ums Leben.
dpa/okr - Bild: Ringo Chiu (afp)