Das US-Militär hat erstmals Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat in der libyschen IS-Hochburg Sirte angegriffen. Das teilte Pentagon-Sprecher Peter Cook am Montag in Washington mit. US-Präsident Barack Obama habe die Luftschläge genehmigt. Der Ministerpräsident der Einheitsregierung in Tripolis, Fajis al-Sarradsch, sagte in einer Fernsehansprache, seine Regierung habe in Kooperation mit den Milizen am Boden um direkte Luftunterstützung der USA gebeten. Angaben zu möglichen Opfern gab es zunächst nicht.
Regierungstreue Milizen hatten im Mai eine Offensive gegen die Dschihadisten gestartet, nachdem das IS-Einflussgebiet in Zentrallibyen auf mehr als 300 Kilometer Länge angewachsen war. Innerhalb weniger Wochen rückten Truppen von allen Seiten auf das Zentrum Sirtes vor, in dem die restlichen Extremisten nun eingekesselt sind. Bei den Kämpfen gab es auf beiden Seite große Verluste.
Nach Angaben von Pentagon-Sprecher Cook halten sich in Sirte noch bis zu 1.000 Kämpfer der Terrormiliz auf. Ob die Präzisionsschläge am Montag mit Drohnen oder mit Kampfjets ausgeführt wurden, wollte er nicht sagen. Ziel waren demnach unter anderem ein Panzer sowie Fahrzeuge des IS. Cook machte deutlich, dass es keine einzelne Aktion war. "Wir sind darauf vorbereitet, in Abstimmung mit der Einheitsregierung weitere Angriffe auszuführen", sagte er.
Diplomaten zufolge hatten die USA schon seit Monaten darauf gedrungen, den IS aus der Luft angreifen zu können. Doch eine formelle Bitte von der Einheitsregierung hatte bislang gefehlt. Die Regierung in Tripolis zögerte wohl auch deshalb, weil sie durch eine amerikanische Militärintervention interne Kritik auf sich ziehen und vom Westen abhängig wirken könnte.
Dabei hatten die USA schon vorher zwei Mal Luftangriffe auf den IS in anderen Landesteilen geflogen. So kamen bei einem Angriff auf ein mutmaßliches Terrorcamp der Dschihadisten im Februar Dutzende Menschen ums Leben.
In Sirte unterstützen libyschen Militärangaben zufolge US-amerikanische und britische Spezialkräfte die Kämpfer am Boden mit Koordinaten von IS-Stellungen.
Libyen ist seit dem vom Westen unterstützten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 nicht zur Ruhe gekommen. Eine neue Einheitsregierung hat die Anerkennung der UN und soll zwei bislang in Libyen um die Macht kämpfende Führungen ersetzen. Ihre Macht in Libyen ist bislang aber noch begrenzt.
Der IS gerät auch in seinem selbst ernannten "Kalifat" in Syrien und im Irak militärisch unter Druck. Fast 14.000 Luftangriffe hat die US-geführte Koalition in beiden Ländern seit dem Beginn vor rund zwei Jahren geflogen. Eine Reihe hochrangiger Anführer der Terrormiliz kam in den vergangenen Monaten ums Leben, so auch die Nummer zwei, Abdul Rahman Mustafa al-Kaduli.
dpa/rkr/mg - Bild: Mahmud Turkia/AFP