Nach zwei Wochen Nervenkrieg haben sich bewaffnete Besetzer einer Polizeikaserne in Armenien den Behörden ergeben. Der Geheimdienst der Südkaukasusrepublik nahm die letzten 20 Regierungsgegner am Sonntagabend fest. In den Stunden zuvor waren um das abgeriegelte Gebäude in der Hauptstadt Eriwan Schüsse und Explosionen zu hören gewesen.
Sprecher der Oppositionellen kündigten aber an, der Kampf gegen die Führung von Präsident Sersch Sargsjan werde fortgeführt. Weil die Lage in der Ex-Sowjetrepublik schlecht ist, hatten die Aufständischen viel Unterstützung in der Bevölkerung erfahren. Auch am Sonntagabend wurde in Eriwan gegen die Regierung demonstriert.
Seit der Besetzung der Kaserne am 17. Juli hatten die Oppositionellen zwei Polizisten erschossen, mehrere Menschen verletzt und zeitweise Geiseln festgehalten. Die Europäische Union äußerte sich besorgt. Die Lage in der Region ist ohnehin gespannt wegen des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan und dem gescheiterten Putschversuch in der benachbarten Türkei.
"Wir sehen uns als Kriegsgefangene", sagte ein Sprecher der Oppositionellen, Waruschan Awetisjan, der Agentur Interfax zufolge. "Wir rufen das Volk auf, den Kampf fortzusetzen, für seinen Sieg zu kämpfen." Die Bewaffneten hatten versucht, den nationalistischen Oppositionspolitiker Schirair Sefiljan freizupressen. Er war im Juni wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhaftet worden.
Sefiljan gilt in Armenien wie auch Präsident Sargsjan als Held des Krieges um Berg-Karabach in den 1990er Jahren. Karabach gehört zu Aserbaidschan, wird aber von Armeniern besiedelt und militärisch besetzt gehalten. Das Wiederaufflammen der Kämpfe im April mit mehr als 120 Toten hat die Stimmung in Armenien gegen Sargsjan aber weiter verschlechtert.
Am Freitagabend löste die Polizei eine Solidaritäts-Kundgebung mit Schlagstöcken, Blendgranaten und Tränengas auf. Es gab viele Verletzte. Auch 15 Journalisten wurden angegriffen. Über 160 Demonstranten wurden festgenommen, gegen 26 erging Haftbefehl.
In der angespannten Lage rief der armenisch-stämmige US-Rockstar Serj Tankian zu Besonnenheit auf. "Das Wichtigste ist jetzt, das Blutvergießen auf Eriwans Straßen zu stoppen", schrieb der Sänger der Band "System of a Down" auf Facebook. Jahrelange Korruption, Polizeibrutalität, Wahlfälschungen und wirtschaftliche Aussichtslosigkeit unter Sargsjan machten die Stimmung explosiv, warnte er. Das Land brauche dringend demokratische Reformen.
dpa/rkr/mg - Bild: Karen Minasyan/AFP