Die Konservative Theresa May hat bereits kurz nach ihrer Ernennung zur britischen Premierministerin am Mittwochabend für einen Paukenschlag gesorgt. Sie besetzte gleich mehrere Posten neu, um für den Ausstieg ihres Landes aus der EU gewappnet zu sein. Die größte Überraschung dabei ist der umstrittene Brexit-Wortführer Boris Johnson: Der frühere Bürgermeister von London ist nun Außenminister.
Die Berufung des prominenten Brexit-Befürworters Johnson zum britischen Außenminister hat in der EU für Kritik und Verwunderung gesorgt. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault wertete die Personalie als "Zeichen für die politische Krise" in Großbritannien. Er warf Johnson vor, im Zuge seiner Brexit-Kampagne - so wörtlich - viel gelogen zu haben. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok.
Die weiteren Änderungen im britischen Kabinett: Der Abgeordnete David Davis kommt auf einen neu geschaffenen Ministerposten und ist für den Brexit zuständig. Neuer Schatzkanzler ist der bisherige Außenminister Philip Hammond. Finanzminister George Osborne trat zurück, könnte aber bei den Brexit-Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen.
Liam Fox, der 2011 von seinem Amt als Verteidigungsminister wegen der Verquickung von beruflichen und privaten Interessen zurücktrat, ist nun Minister für internationale Handelsbeziehungen. Mays Nachfolgerin im Innenministerium ist die Abgeordnete Amber Rudd. Michael Fallon bleibt Verteidigungsminister. Ein erstes Treffen der Politiker fand bereits im Amtssitz in der Downing Street in London statt.
Premierministerin Theresa May hat an ihrem ersten Arbeitstag weitere Besetzungen in ihrem Kabinett vorgenommen. Justizminister Michael Gove scheidet aus dem Kabinett aus und wird ersetzt von der bisherigen Umweltministerin Liz Truss. Das Bildungsministerium wird ebenfalls von einer Frau geführt, der bisherigen Ministerin für Internationale Entwicklungszusammenarbeit, Justine Greening.
In kurzer Zeremonie von Queen zur Premierministerin ernannt
May war am Mittwochabend in einer kurzen Zeremonie von der Queen zur Premierministerin ernannt worden. Ihr Ehemann Philip hatte sie bei dem kurzen Besuch im Buckingham-Palast begleitet. May gab der Queen die Hand und machte einen leichten Knicks - der Handkuss wie in früheren Zeiten ist nicht mehr üblich. Sie werde gegen soziale Ungerechtigkeit kämpfen, betonte May anschließend in ihrer ersten Rede. Es komme darauf an, «ein besseres Britannien bauen».
May ist die erste Frau an der Regierungsspitze seit dem Rücktritt von Margaret Thatcher 1990. Sie würdigte ihren Vorgänger David Cameron, der zuvor seinen Rücktritt bei der Queen eingereicht hatte. Cameron hatte seine Frau und drei Kinder mit in den Buckingham-Palast gebracht. Der Politiker, der für den Verbleib in der EU kämpfte, gab sein Amt wegen der schweren Niederlage beim Brexit-Referendum vom 23. Juni auf. 52 Prozent der Wähler hatten für den Austritt gestimmt.
Die deutsche Kanzlerin Merkel hat May zu einem Besuch nach Deutschland eingeladen. Das teilte Merkel nach einem Telefonat mit May mit. Außerdem kündigte sie an, die enge Zusammenarbeit mit der britischen Regierung fortsetzen zu wollen. Die Ernennung von Boris Johnson zum Außenminister kommentierte die Kanzlerin nicht.
Die britische Notenbank lässt den Leitzins unverändert bei einem halben Prozent. Angesichts des bevorstehenden Austritts aus der EU war eigentlich damit gerechnet worden, dass der Leitzins weiter gesenkt wird, um möglichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorzubeugen.
br/dlf/dpa/jp/rkr/sr - Bild: Stefan Rousseau/AFP