Nach dem Vormarsch von Regierungskräften ins Zentrum der westirakischen IS-Hochburg Falludscha verschärft sich das Flüchtlingsdrama in der Region. In den vergangenen Tagen seien rund 15.000 Menschen in einem Flüchtlingslager in der Nähe Falludschas eingetroffen, sagte die irakische Parlamentsabgeordnete aus der Provinz Al-Anbar, Lika Wardi, am Samstag. Die meisten von ihnen seien Frauen und Kinder.
Die Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) schätzt, dass seit Donnerstag bis zu 20.000 Zivilisten geflohen sind. Damit erhöhe sich die Gesamtzahl der Flüchtlinge aus Falludscha auf etwa 50.000 Menschen. Wardi geht sogar von mehr als 80.000 Flüchtlingen aus.
Die Flucht sei nach wie vor extrem gefährlich, da die Menschen zu Fuß gehen müssten, erklärte der NRC. Sechs Menschen seien durch Sprengfallen ums Leben gekommen, ein Mann an Erschöpfung gestorben.
Den Hilfsorganisationen fehlt es zugleich akut an Geld, um die notleidenden Menschen zu unterstützen. Die UN haben 2016 nach eigenen Angaben erst 31 Prozent des Geldes erhalten, das sie für die Versorgung von mehr als sieben Millionen Irakern in Not benötigen. Der NRC-Direktor für den Irak, Nasr Muflahi, rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.
Irakische Regierungskräfte waren am Freitag rund vier Wochen nach Beginn einer Offensive auf Falludscha ins Zentrum der Hochburg der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eingedrungen. Ministerpräsident Haidar al-Abadi erklärte die Stadt danach für befreit. Allerdings sind noch nicht alle Viertel unter Kontrolle der Armee.
Die Armee erklärte zugleich, sie setze ihre Offensive in Richtung der nordirakischen Stadt Mossul vor. Demnach begann das Militär einen Angriff auf den Ort Al-Kajara rund 80 Kilometer südlich der letzten IS-Hochburg im Land.
Al-Kajara ist strategisch wichtig, weil hier eine Luftwaffenbasis liegt. Diese soll für die geplante Offensive auf Mossul genutzt werden. Die Einnahme Al-Kajaras werde helfen, den IS in der nordirakischen zu isolieren, sagte ein Armeekommandeur. Bereits in Falludscha haben die Extremisten eine wichtige Verbindungsroute verloren.
dpa/est/mh