An diesem Freitag erscheint mit "Sting In The Tail" das "letzte Album" der Scorpions, die - wie gerade auch ihre Kollegen von a-ha und Simply Red - den Abschied einläuten.
Klaus Meine pfiff mit "Wind Of Change" die Hymne zum Mauerfall. Michail Gorbatschow lud die Scorpions in den Kreml ein. Gerhard Schröder ist Fan. Bon Jovi ging 1984 als Jungrocker bei der Band in die Lehre. Auch wenn sie Geschmackssache sind: Die Scorpions gelten als die international erfolgreichste deutsche Rockgruppe aller Zeiten. Die Hannoveraner dürften weltweit mehr Fans haben als Exporte wie Modern Talking, Alphaville und Rammstein zusammen.
Nun soll nach 45 Jahren und mehr als 100 Millionen verkauften Tonträgern Schluss sein. "Wir wollen halt nicht warten, bis wir alle irgendwann von der Bühne fallen", sagt Meine im Interview mit dem Audiodienst der dpa. Er verspricht einen "starken Schlussakkord" und einen Abschied in "Class und Style". Spätere Soloprojekte der Musiker sind nicht ausgeschlossen.
Große Abschiedstournee
Bis zum letzten Gitarrenriff und vielleicht einer letzten "Scorpionspyramide" (bei der Meine auf den Oberschenkeln seiner Gitarristen steht) kann es zweieinhalb Jahre dauern. Die Band wird auf Welttournee gehen, das dauert. Zeit genug, noch einmal ihre Klassiker zu spielen: "Still Loving You", "Send Me An Angel" und "Rock You Like A Hurricane".
Das neue Album ist etwas für Fans, die auf guten alten Hard Rock stehen. Auch Feuerzeugschwenker kommen auf ihre Kosten. Die finnische Sopranistin Tarja Turunen hat in "The Good Die Young" einen Gastauftritt.
Der Werdegang
Wie Gitarrist Rudolf Schenker ist Frontmann Meine (Markenzeichen: schwarze Kappe) Jahrgang 1948. Beide gehören zu einer Musikergeneration, die von Elvis Presley, den Beatles und den Rolling Stones geprägt wurde. Schenker gründete die Band 1965 im niedersächsischen Sarstedt, Meine kam später dazu. Die Texte sind bis auf Ausnahmen englisch, die Band erfüllte sich so den Traum einer großen internationalen Karriere.
Das Debüt "Lonesome Crow" erschien 1972. 1976 erspielten sich die Scorpions in Japan Goldstatus. Seit 1982 wurden alle ihre Alben in den USA vergoldet, ist im "Rock-Lexikon" zu lesen, das zugleich die früher "extrem sexistischen Plattenhüllen und Konzertposter" kritisiert. Es gab einige Besetzungswechsel. Meine hatte Anfang der 80er Jahre Probleme mit den Stimmbändern.
Die zweite Hälfte der 90er Jahre war für die Scorpions schwierig, weil die Grunge-Bewegung sie in den Schatten stellte. Die Fans mochten das Album "Eye II Eye" nicht besonders. Die Band fing sich wieder. Gitarrist Matthias Jabs bilanziert: "Die nicht so guten Momente kann man an einer Hand abzählen." Dass sie für "Wind Of Change", die Powerballaden und Schmusenummern berühmt sind, stört die Scorpions nicht. Die Musiker und die Fans wissen, dass das Register größer ist. Von einem "Rockfeuerwerk der explosivsten Sorte", schwärmte einmal der "Musikexpress".
Zeitzeugen
Das Festival Rock in Rio, Auftritte im Madison Square Garden in New York, das Spektakel "The Wall" in Berlin oder die offizielle Hymne zur Expo 2000 ("Moment of Glory") in Hannover: Die Scorpions haben viel erlebt. Zeitgeschichte zum Ende des Kalten Krieges schrieben sie 1991: Schenker erinnert sich noch gut, wie es war, mit Limousine und Eskorte durch Tor 13 in den Kreml zu fahren, wo Gorbatschow und die Weltpresse warteten.
Heute sind die Scorpions ein gutes Beispiel dafür, wie stark der klassische Rock noch ist und wie wichtig Liveauftritte in Zeiten des CD-Brennens geworden sind. 60 bis 70 Shows im Jahr, da müssen die Musiker topfit sein. Mit Blick auf die Abschiedstour sagt Meine: "Da wollen wir es für unsere Fans richtig krachen lassen und den Stachel noch mal richtig ausfahren." Schenker bilanziert, die Karriere sei "tierisch" gewesen. "Und wir hören auf mit einem Happy End."
mit Caroline Bock (dpa), Bild: epa