Es war spät am Samstagabend, als «Wetten, dass..?»-Moderator Markus Lanz die Bombe platzen ließ: «Das war "Wetten, dass..?" aus Offenburg», sagte der 45-Jährige mitten in den Abschiedsapplaus hinein. «Wir gehen jetzt in die Sommerpause und sehen uns am 4. Oktober wieder mit den letzten drei Ausgaben von "Wetten, dass..?"». Kurze, knappe Worte zum Anfang vom Ende der legendären Show.
In den Wochen zuvor war immer wieder über ein baldiges Aus spekuliert worden. Doch die Art und Weise, wie Lanz kurz und bündig die Entscheidung präsentierte, war überraschend. Als hätten manche Zuschauer es geahnt: Die Einschaltquote stieg bei der Offenburg-Ausgabe um rund eine Million auf 6,84 Millionen im Vergleich zur Februar-Sendung, die mit 5,85 Millionen einen historischen Tiefpunkt erreicht hatte.
Dennoch: «Der Rückgang der Zuschauerzahlen zeigt, dass sich die Sehgewohnheiten verändert haben und das Format an Anziehungskraft verloren hat», begründete Programmdirektor Norbert Himmler den Schritt seines Senders in einer ZDF-Mitteilung, die exakt zum Ende der Sendung gegen 23 Uhr am Samstag in den Redaktionen eintrudelte. «Es ist uns nicht leicht gefallen, einen Klassiker wie "Wetten, dass..?" vom Schirm zu nehmen. Der Aufwand einer so großen Show steht aber nicht mehr im Verhältnis zur Zuschauer-Resonanz.»
Gottschalk überrascht
Lanz-Vorgänger Thomas Gottschalk (63) zeigte sich überrascht. «Dann hätte ich das Ding auch gleich selbst an die Wand fahren können», sagte der Entertainer am Samstagabend in einem Telefongespräch mit «Spiegel Online». Gottschalk habe durch den Anruf von der Einstellung der Show erfahren. Weiter wollte er sich nach Angaben des Nachrichtenportals nicht dazu äußern. Gottschalk moderierte zwischen 1987 und 2011 insgesamt 151 Ausgaben.
Lanz bedauerte in einem nach der Show veröffentlichten Interview mit der vom ZDF beauftragten Agentur all4radio, dass «Wetten, dass..?» mit der Entwicklung der TV-Landschaft nicht mehr habe Schritt halten könnten. Die Show sei etwas, «was das deutsche Fernsehen eigentlich dringend braucht. Aber offenbar passt es im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig in die Zeit.» Diese sei doch ein bisschen kalt geworden. Lanz bezeichnete die Show als «feine Familienunterhaltung» ohne «Zynismus» und «Sarkasmus». Endgültig Schluss ist am 13. Dezember mit der 215. Ausgabe aus Nürnberg.
«Wetten, dass..?»-Wendepunkt: Der Unfall von Samuel Koch
Einem Millionenpublikum stockte der Atem, als «Wetten, dass..?»-Kandidat Samuel Koch vor laufenden Kameras schwer verunglückte. Es war der 4. Dezember 2010, die 192. Ausgabe der ZDF-Show, die erste Wette des Abends: Der damals 23-jährige Hobby-Kunstturner will auf Sprungstelzen, die er sich unter die Füße geschnallt hat, mehrere ihm entgegenkommende Autos überspringen.
Eine waghalsige Wette, die beim vierten Versuch schief geht: Eine Kamera ist auf das angstvolle Gesicht der Mutter gerichtet. Samuel streift den entgegenkommenden Wagen, einen Audi, an dessen Steuer ausgerechnet Samuels Vater sitzt. Samuel stürzt mit einem dumpfen Schlag auf den Boden. Leblos bleibt der Kandidat liegen.
Viele der rund 3.700 Menschen in der Rheinhalle auf dem Düsseldorfer Messegelände springen von ihren Sitzen, halten sich fassungslos die Hand vor den Mund. Den gut acht Millionen Fernsehzuschauern dürfte es in diesen Sekunden genauso gehen. Nach einigen Augenblicken bricht das ZDF die Livesendung zum ersten Mal in der Geschichte ab.
Koch kommt mit schwersten Verletzungen an Halswirbelsäule und Rückenmark in die Uniklinik Düsseldorf. Die Ärzte versetzen ihn in ein künstliches Koma. Er bleibt gelähmt und schreibt ein Buch: «Samuel Koch - Zwei Leben». In Moderator Gottschalk jedoch reift der Entschluss aufzuhören. Im Dezember 2011 verabschiedet er sich von seinem Publikum.
dpa - Bild: Angelika Warmuth (epa)