Im Fall der zu zwei Jahren Straflager verurteilten beiden Frauen der kremlkritischen Punkband Pussy Riot hat das Oberste Gericht Russlands erstmals schwere Verstöße gerügt. So seien weder das junge Alter noch weitere strafmildernde Gründe berücksichtigt worden, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Der Richter ordnete auf Antrag von Menschenrechtlern an, das Urteil gegen die inhaftierten Aktivistinnen Nadeschda Tolokonnikowa (24) und Maria Aljochina (25) neu zu fassen. Die immer wieder auch international kritisierte Haftstrafe endet in gut zwei Monaten Anfang März.
Der russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin, der die Beschwerde beim Obersten Gericht eingereicht hatte, und die Anwälte von Pussy Riot hoffen auf eine baldige Freilassung der Frauen. Zudem will die Staatsduma von kommender Woche an über eine große Amnestie beraten, in deren Folge die nach Kritik an Kremlchef Wladimir Putin inhaftierten Musikerinnen auf freien Fuß kommen könnten.
Vor Beginn der Olympischen Winterspiele am 7. Februar in Sotschi hatten Menschenrechtler Putin verstärkt dazu aufgefordert, politische Gefangene freizulassen. Für Tolokonnikowa und Aljochina ist die Anordnung des Obersten Gerichts ein wichtiger Teilerfolg, nachdem sie der Justiz immer wieder politisch gesteuerte Willkür vorgeworfen hatten.
Keine Beweise für religiösen Hass
In seinem Urteil habe das Moskauer Stadtgericht keine Beweise dafür geliefert, dass die Punkband Pussy Riot bei ihrem Protest in einer Kirche im Februar 2012 aus religiösem Hass gehandelt habe, kritisierte das Oberste Gericht. Zudem fehle ein stichhaltiges Motiv für die Anklage. Demnach stimmte auch die schriftliche Fassung des Urteils nicht mit dem im Gerichtssaal im August 2012 verlesenen Richterspruch überein.
Laut der Anordnung hätte das Moskauer Gericht berücksichtigen müssen, dass die Frauen nicht vorbestraft und nicht gewalttätig gewesen seien. Weil Aljochina und Tolokonnikowa Mütter kleiner Kinder sind, wäre nach russischem Recht ein Strafaufschub möglich gewesen, hieß es in dem Beschluss. Für die Freilassung der Frauen hatte es international immer wieder Kundgebungen gegeben.
dpa/sd - Archivbild: Natalia Kolesnikova (afp)