Andere sind in seinem Alter längst im Ruhestand, Heino wollte es noch einmal wissen. Etwa 1000 Lieder hat der blonde Sänger mit der getönten Brille in seiner Karriere aufgenommen, 50 Millionen Tonträger verkauft.
Ein Leben für das Volkslied. Ein Leben für die Fans. Er wollte noch mal "ein ganz großes Ding" machen. "Dass das so unter die Decke geht, damit habe ich auch nicht gerechnet", erzählt er am Telefon. An diesem Freitag (13. Dezember) wird Heino 75.
Er hat wenig Zeit in diesen Wochen, ist auf seiner Kirchentournee "Die Himmel rühmen" - mit Schubert, Mozart und Bach. Bei der Silvesterfeier am Brandenburger Tor in Berlin ist er in diesem Jahr als einer der Höhepunkte angekündigt, neben Scooter und Matthias Reim. Doch gedanklich ist er schon bei der Produktion im nächsten Jahr. "Es soll wieder rockig werden. Ich wäre ja dumm, wenn ich da nicht weitermachen würde", sagt er auf der Fahrt zum nächsten Konzert. Er und seine Leute arbeiten schon jetzt daran. "Wir überlassen nichts dem Zufall", sagt er, nennt aber keine Details.
Der Riesen-Erfolg mit dem Album "Mit freundlichen Grüßen" brach über Heino herein, als es stiller um ihn geworden war. Platz eins in den Charts, Heino rauscht durch die Medien, manche sprachen von einem "Comeback", vielleicht sogar dem Comeback des Jahres. War er denn vorher wirklich weg? Ansichtssache. Seinen Durchbruch hatte er 1965, mit 27 Jahren, weshalb er sagt: "Die ersten 47 Jahre waren ja genauso erfolgreich", als stünden jetzt die nächsten 47 Jahre Karriere an. "Nur, im volkstümlichen Bereich nimmt man das nicht so wahr."
Der neue Heino covert Die Ärzte, Peter Fox, Sportfreunde Stiller oder Rammstein. Für ihn sind die Stücke Volkslieder - der neuen Generation. Von ihm gesungen klingen sie auch wie Volkslieder. Wie "Junge" von der Rock-Band Die Ärzte: in seiner Version keine Spur mehr von Ironie. "Die Ärzte meinen das ironisch - ich nicht", hat er mal klar gesagt. Ob Freddy Quinn "Junge, komm bald wieder" singt oder die Ärzte "Brich Deiner Mutter nicht das Herz", in beiden Fällen gehe es um die Sorge der Mutter um den Sohn.
Heino bleibt eben Heino, selbst auf der großen Heavy-Metal-Bühne mit den Rockern von Rammstein in Wacken in diesem Jahr: unglaublicher Lärm, Lichtspektakel, die martialisch wirkenden Rammstein-Musiker - und dazwischen Heino. Unverkennbar: blond, Sonnenbrille, roter Ledermantel, kraftvoll, tongenau. Macht einem älteren Herrn ein Auftritt wie in Wacken wirklich Spaß? "Ich mach das gerne und das hält auch jung", sagt der Sänger. Die Jungs von Rammstein seien sehr respektvoll mit ihm umgegangen. Und was heiße schon Alter? "Früher habe ich viel Schokolade bekommen, Pralinen, Blumen. Heute bekomme ich Dessous, Höschen und BHs", pflegt er sein noch junges Rockmusiker-Macho-Image. So ähnlich sagt das übrigens auch seine Frau Hannelore in einem Werbespot.
Als der Sänger Mitte der 60er Jahre seinen ersten Hit "Jenseits des Tales" aufnahm, fand er keine Berufsmusiker fürs Studio, alle "verseucht von Rock und Beat", hatte er noch vor fünf Jahren erzählt. "Erst danach haben sich die Berufsmusiker herabgelassen, mit mir zu spielen." Das klang fast ein bisschen bitter. Späte Genugtuung, dass er diesen Punk und Rock jetzt also geentert hat? Wohl eher etwas Anderes, wie er sagt: "Ich habe innerhalb von einem Dreivierteljahr mein Publikum um 40 Jahre verjüngt. Das ist das Sensationelle daran." Immer habe er sich anhören müssen, dass Heino nur was für Ältere sei: "Seit 50 Jahren sind das immer die gleichen Sprüche."
Tatsächlich wollen ihn auch viele Jüngere hören. Er sieht das auf den Konzerten. Immerhin 80 "Rock-Konzerte" hat er in diesem Jahr gegeben, wie er sagt. Es gibt nach wie vor Kritiker, die das alles einfach nur peinlich finden. Heino hat eben schon immer gespalten. Heino bleibt eben Heino.
Von Elke Silberer, dpa - Bild: BRF