Im Mirage-Hotel in Las Vegas hatte Roy Horn ausgelassen in seinen 59. Geburtstag am 3. Oktober 2003 hineingefeiert. Wenige Stunden später lag der Dompteur und Magier blutüberströmt auf der Bühne. Der weiße Tiger Montecore hatte den dunkelhaarigen Zauberer plötzlich angefallen und lebensgefährlich verletzt. Roys blonder Partner Siegfried Fischbacher, heute 74 Jahre alt, schickte die mehr als 1500 entsetzten Zuschauer nach Hause.
Aus Sicht der Ärzte überlebte Roy Horn "wie durch ein Wunder" die tiefe Bisswunde, den schweren Blutverlust, Schlaganfälle und eine Gehirnoperation. Bis heute verteidigt Horn das Tier. Montecore habe ihm nur zu Hilfe kommen und ihn wegtragen wollen, als er während der Show das Bewusstsein verlor, sagte er in Interviews. Horn, der nach dem Unfall halbseitig gelähmt war, kann inzwischen wieder ohne fremde Hilfe laufen.
Der tragische Unfall zwang die vielfach preisgekrönten "Meister des Unmöglichen" in den vorzeitigen Ruhestand. Ihre Show war die Krönung einer "American Dream"-Karriere von Siegfried und Roy, die sich 1959 auf einem Kreuzfahrtschiff kennenlernten. Das deutsche Duo tingelte mit Zauber- und Tiertricks durch kleinere Theater, bis ihm 1966 in Monaco mit einer Galavorstellung beim Fürstenpaar Rainier und Gracia Patricia der internationale Durchbruch gelang.
1967 kamen sie nach Angaben ihres Managements erstmals nach Las Vegas, ab 1970 waren sie dort drei Jahre im Stardust zu sehen. 1988 handelten sie diesen Angaben zufolge mit dem Mirage-Hotel den bis dahin dicksten Millionen-Deal in der Geschichte der Casinostadt aus. Mit einem explosiven Mix aus Zauberei und exotischen Tieren, darunter seltenen weißen Tigern, hielt das Duo von 1989 bis 2003 Millionen Fans in Atem.
Mit einem letzten Zaubertrick hatte sich das Duo im März 2009 endgültig vom Showbusiness verabschiedet. Nur zehn Minuten dauerte die magische Show bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Hotel-Casino Bellagio. Mit schleppenden Schritten trat Horn in einem schwarzen Umhang und einer Maske vor dem Gesicht auf die Bühne. Der weiß gekleidete Fischbacher betrat einen von zwei leeren Glaskäfigen, die verhängt wurden.
Als Horn die Tücher wegzog, befand sich der Tiger Montecore an seiner Stelle in dem Behälter, Fischbacher saß im anderen Käfig. Am Ende zogen Siegfried und Roy ihre Masken ab, winkten ins Publikum und warfen Handküsse. Abschiedsworte gab es nicht.
Am Stadtrand von Las Vegas haben die Illusionisten für sich und ihre seltenen Tiere einen exotischen Dschungelpalast eingerichtet. Zur Erhaltung und Fortpflanzung der weißen Katzen dient seit 1997 ihr "Secret Garden"-Gehege im Mirage-Casino, das längst zur Touristenattraktion geworden ist.
Von Barbara Munker, dpa - Bild: Marcus Brandt (afp)