Zufrieden sitzt Helmut Kohl am Ufer des Tegernsees. Es ist ein kalter, nebliger Freitag, der Ex-Kanzler hat sich einen warmen Anorak angezogen. "Es geht mir hier sehr, sehr gut", schwärmt der 83-Jährige über seinen Erholungsurlaub in der Klinik St. Hubertus in Bad Wiessee. Kohl, der in Ludwigshafen wohnt, ist zum dritten Mal in die Reha-Einrichtung gekommen.
Bei seinen Aufenthalten verbinde er auf ideale Weise Urlaub mit Sport. "Hier kann man auch sehr schön sehen, wie Menschen krank kommen und gesund wieder nach Hause gehen", sagt der Altkanzler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Der Rollstuhl ist zum beinahe ständigen Begleiter des "Kanzlers der Einheit" geworden. Nach einer Knie-Operation war Kohl 2008 gestürzt und hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Seitdem ist seine Artikulation erschwert. Öffentliche Auftritte meidet er.
Von dem einst schroffen Wesen des CDU-Politikers ist nichts übriggeblieben. Mit einem zufriedenen Lächeln schaut Kohl immer wieder zu seiner jungen Frau Maike Kohl-Richter auf, die den hager gewordenen Hünen von einst nicht aus den Augen lässt. Aus Helmut Kohl ist ein sanfter, weiser alter Mann geworden. Immer wieder schweift sein Blick ins Weite, schaut er auf den See und freut sich, wenn ein Schiff vorbeifährt.
Mehrfach spricht der überzeugte Europäer vom Frieden. "Wenn Friede ist, ist der See so schön", schwärmt Kohl beim Blick auf das Ufer. Gerne sei er früher im Rhein geschwommen, gibt Kohl zum Besten. Und der Ludwigshafener freut sich über die Ruhe, die am Tegernsee herrscht - kein Autolärm, kein Gestank.
Viel Lob hat Kohl für die Ärzte und Therapeuten der Klinik übrig. Er fühle sich bestens aufgehoben beim Team von St. Hubertus, das zur Medical Park-Kette gehört. Wie zur Untermauerung drückt er dem Ärztlichen Direktor und Chefarzt Prof. Thomas Wessinghage fest die Hand. Dann kommt die Rede auf den einstigen Wirtschaftswunder-Kanzler Ludwig Erhard (CDU), der am Tegernsee ein Haus besaß. Sofort erinnert sich Kohl, dass er bei der Beerdigung im Jahr 1977 hier gewesen sei. Erhards letzte Ruhestätte liegt auf dem Bergfriedhof in Gmund am Tegernsee.
Nach einer Viertelstunde wird es Helmut Kohl bei nur wenigen Grad über Null dann doch zu kalt im Freien. "Jetzt gehen wir", sagt er mit sanfter Stimme zu seiner Frau Maike und lässt sich mit einem letzten Blick auf den im Nebel liegenden See zurück in die Klinik fahren.
Von Paul Winterer, dpa - Bild: Frank Leonhardt, afp