Die Mailänder Ohrfeige war so schallend, man meinte, sie noch in Rom zu hören: Der immer so siegesbewusste und meist auch von Erfolg gekrönte Silvio Berlusconi (74) hat sich ausgerechnet in seiner Bastion und Geburtsstadt einen schmerzhaften Denkzettel geholt.
Er muss sich diese schwerste Niederlage bei der Kommunalwahl jedoch selbst zuschreiben: Als arger Bumerang erwies es sich, die Wahlen vorher vollmundig zu einem "nationalen Test" zu erklären. Die Opposition hofft derweil, nun die Wende einzuläuten.
Schon nach den Verlusten beim ersten Urnengang vor zwei Wochen zeichnete es sich ab: Der Mythos von dem unbesiegbaren Mailänder Milliardär und Medienmogul Berlusconi verblasst. Kein Wunder, dass die Opposition, die eine Anti-Berlusconi-Front ist und keine attraktive Linke mit Profil und Programm, jetzt ziemlich frohlockt. In Mailand immerhin hatte sich der Unternehmer Silvio Berlusconi vor 17 Jahren zu einem - ziemlich erfolgreichen - Politiker umgekrempelt.
"Mailand befreit"
Von Mailand sollte deshalb nun auch das Signal für das Ende des von Sex-Skandalen, Korruptionsprozessen und viel Koalitionsgezänk geschwächten Silvio Berlusconi ausgehen. So hofft es zumindest die zusammengetrommelte und dabei doch recht uneinige Linke um die größte Oppositionspartei PD (Demokratische Partei) unter Pier Luigi Bersani.
"Wie mir scheint, haben wir Mailand schon befreit", freute sich der frischgebackene Bürgermeister Giuliano Pisapia. Das ist der Mann, den ein immer nervöserer, aggressiver Berlusconi als Ex-Kommunisten attackiert hatte. Die Linke wolle sein Mailand zur "islamischen" Stadt machen und alle Ausländer hereinlassen. So hatte er noch einmal versucht, das sonst so gut funktionierende Kampfregister der Fremden- und Islamangst zu ziehen. Diesmal aber klemmte dieses Register.
Doch Berlusconis Gegner von den Alpen bis nach Sizilien müssen nun aufpassen, den dermaßen verhassten Widersacher nicht noch einmal zu unterschätzen. Oder sogar jetzt schon von einem ganz automatischen Sieg bei der nationalen Parlamentswahl im Frühjahr 2013 auszugehen. Denn bis dahin fließt noch viel Wasser den Tiber und den Po hinab.
"Wer links wählt, hat kein Hirn"
Und es könnte alles doch noch viel schneller kommen. Denn bereits nach der ersten Runde krachte es sehr heftig im Regierungsgebälk: Berlusconi und der Chef der rechtsauslegenden Lega Nord, Umberto Bossi, fuhren sich gegenseitig an den Karren und gaben jeweils dem anderen die Schuld. Nicht auszuschließen ist, dass Bossi sich von Berlusconi abwendet, weil er die Felle des Cavaliere wegschwimmen sieht und neue Partner für sein politisches Machtspiel in Rom sucht.
"Wer links wählt, hat kein Hirn", rastete der Cavaliere dieser Tage noch aus - als deutlich wurde, dass sich das von ihm ausgerufene Referendum als Votum gegen ihn entpuppte. Der Post-Berlusconismus, beginnt er jetzt? Mag sein, aber niemand kann sagen, wie lange der Übergang dauern wird.
Von Hanns-Jochen Kaffsack (dpa) - Archivbild: Ettore Ferrari (epa)