Es hörte sich wie das Eingeständnis der eigenen Niederlage an. Der britische Premierminister Gordon Brown blickte mit kleinen Augen und bleich in die Kamera: "Wenn die Lage so ist wie jetzt, weiß ich, dass in acht Tagen vielleicht David Cameron im Amt ist", sagte er bei der dritten und letzten TV-Debatte vor der Wahl. Er hat seine Chance verpasst: Wie schon bei den anderen Debatten landete der Chef der Labour-Partei auf dem letzten Platz. Und das, obwohl es um sein Lieblingsthema ging, die Wirtschaft. Sein Herausforderer von den konservativen Tories, David Cameron, wurde dagegen zum Spitzenreiter.
Brown vs. Cameron
"David Cameron ist auf dem Weg in die Downing Street", schrieb sogar die Labour-freundliche Zeitung "The Guardian". Browns Fauxpas, bei dem er über eine Wählerin geschimpft hatte und dabei erwischt wurde, hat Labour einen Schritt weiter an den Abgrund getrieben. Da half auch ein Wahlkampf-Auftritt von Ex-Premier Tony Blair am Freitag wenig. Die Last für Brown war riesig: Ein im Fernsehen ausgetragener Wahlkampf ist eben nichts für einen, der nicht gerne im Scheinwerferlicht steht. Da hilft das beste Medientraining nichts. "Er war zu negativ", räumte ein Labour-Mitglied ein.
Ein neues Griechenland?
Der Hype um Verlierer oder Gewinner der TV-Debatten, die erstmals in der britischen Geschichte stattgefunden haben, täuscht jedoch über die wahren Probleme des Landes hinweg. Großbritannien ist mit 163 Milliarden Pfund (187 Milliarden Euro) haushoch verschuldet, das Defizit ist fast so hoch wie das in Griechenland, Ökonomen warnen schon vor einer Herabstufung des Kreditratings.
Doch vor der Wahl rückt keine Partei mit konkreten Sparplänen heraus. "Alle drei Parteien drücken sich darum herum, wie groß die Einschnitte in der Zukunft sein werden", sagte Howard Archer vom Wirtschaftsforschungsinstitut Global Insight. Zwar verkauft sich Brown als Experte für Wirtschaftsthemen. Doch bei der Debatte warf er mit Zahlen um sich, was dem allgemeinen Publikum eher fremd blieb.
Auch hat er zehn Jahre als Finanzminister selbst das Loch gegraben, in dem die Briten nun sitzen. Der öffentliche Sektor ist aufgebläht und verschlingt zu viel Geld, kritisierte das Wirtschaftsmagazin "The Economist". "Das ist eine Zeitbombe, für deren Entschärfung Brown schlecht ausgerüstet ist." Und mit der Krise in Griechenland ist das Thema Rezession, aus dem sich Großbritannien als letztes der großen Industrieländer erst vor kurzem herausgekämpft hat, wieder brisanter geworden.
Ungemütliche Zeiten
Sollte Cameron also in die Downing Street einziehen, stehen ihm ungemütliche Zeiten bevor. Sparmaßnahmen im großen Stil sind unumgänglich, auf die Briten kommen "Jahre der Entbehrungen" zu, prognostizieren Experten. Aus der englischen Notenbank verlautete sogar, dass es für die nächste Regierung so ungemütlich werden könnte, dass die aufgebrachten Bürger sie danach Jahrzehnte in die Opposition verdammen könnten.
Annette Reuther (dpa) - Bild: epa