Zum ersten Mal sind jetzt sämtliche Tagebuchaufzeichnungen von Anne Frank wieder dort vereint, wo das jüdische Mädchen sie geschrieben hat.
Ab dem 28. April werden ihre handschriftlichen Manuskripte in einem eigens eingerichteten Tagebuchsaal des Amsterdamer Anne-Frank-Hauses ausgestellt. Der Saal wird aus Anlass des 50. Gründungsjubiläums des Museums bei einem Festakt durch die niederländische Königin Beatrix eröffnet.
"Das Hinterhaus"
Schon seit Jahren ist in dem Haus an der Prinsengracht 263 das weltberühmte rot-weiß-karierte Poesiealbum Anne Franks ausgestellt. Es gilt vielen als das eigentliche Tagebuch.
Im Hinterhausversteck der aus Deutschland nach Holland geflohenen Familie Frank hatte Anne zwischen 1942 und 1944 ihre Erfahrungen und Gedanken jedoch in weit mehr Schriftstücken festgehalten.
Kurz nach der Verhaftung der Franks am 4. August 1944 hatten die beiden Helferinnen der Familie, Miep Gies und Bep Voskuijl, diese Papiere unter Lebensgefahr vor dem Zugriff der Nazis gerettet. Nach dem Krieg übergab Gies sie Annes Vater Otto, der als einziger der Familie die deutschen Konzentrationslager überlebt hatte.
Er sorgte später für die Veröffentlichung weiter Teile der Aufzeichnungen, die als Tagebuch der Anne Frank unter dem Titel "Das Hinterhaus" weltberühmt wurden.
Gegen das Vergessen
Alle Schriftstücke, darunter Hefte und Hunderte lose Seiten, blieben bis Otto Franks Tod 1980 in seinem Besitz. Danach wurden sie, wie im Testament bestimmt, im Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) aufbewahrt und wissenschaftlich, sowie für Publikationen, ausgewertet.
In den letzten Monaten sind die Manuskripte auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem NIOD und der Anne-Frank-Stiftung vollständig dem Museum an der Prinsengracht übergeben und dort für die Ausstellung aufbereitet worden.
Ziel sei es, möglichst vielen Menschen Einblick in die Originale zu geben, sagte Stiftungsdirektor Hans Westra. Das Interesse sei heute, 50 Jahre nach der Eröffnung des Museums am 3. Mai 1960, größer denn je. Jedes Jahr kämen mehr als eine Million Besucher.
Obwohl der Zweite Weltkrieg 65 Jahre zurückliegt, beschäftigen sich nach Erkenntnissen der Stiftung vor allem junge Menschen in allen Teilen der Welt mit Anne Frank und ihrem Schicksal. Das Museum kommt diesem Interesse auch durch ein umfangreiches Online-Angebot nach.
mit dpa - Bilder: epa