Die Zahl der arbeitenden Kinder geht weltweit zurück - doch noch immer müssen Millionen Kinder schuften. Besonders viele sind es in Indien: 4,4 Millionen Jungen und Mädchen laut Zensusdaten. Kinderrechtsaktivisten wie der indische Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi halten diese Zahl jedoch für viel zu niedrig. Zum internationalen Tag gegen Kinderarbeit an diesem Freitag (12.6.) eine Übersicht, wo Kinder in Indien häufig arbeiten:
- FELDER: Kinder müssen Samen aussäen, Setzlinge pflanzen, Unkraut jäten, Jasmin-Blüten pflücken oder Baumwolle ernten. Häufig werden sie auch zur Bestäubung der Baumwollpflanzen eingesetzt - weil jetzt genetisch veränderte Pflanzen angebaut werden, können die Samen andernfalls im nächsten Jahr nicht ausgesät werden. "Wegen der vielen Chemikalien ist Bestäuben besonders schädlich", sagt Viji Arora von der Organisation CRY (Child Rights And You) in Neu Delhi.
- GASTRONOMIE: Zahlreiche Tee-Stände, Essens-Buden und Restaurants beschäftigen Jungs, die Teller auf die Tische stellen und abputzen. "Das passiert vor aller Augen - aber unsere Gesellschaft akzeptiert das einfach als normal", sagt CRY-Aktivistin Arora. Viele Besitzer erklären, sie täten etwas Gutes. Würden sie die Kinder nicht beschäftigen, lungerten sie auf den Straßen herum und nähmen Drogen.
- HAUSHALT: Vor allem Mädchen sind oft in fremden Haushalten beschäftigt. Dort müssen sie Wasser vom Brunnen holen, putzen, Wäsche waschen, kochen, auf Babys aufpassen. Oft haben sie kein Zimmer, sondern müssen auf dem Küchenboden oder auf dem Balkon schlafen. Indische Medien berichten immer wieder von Fällen, in denen Mädchen kaum zu Essen bekamen, geschlagen und sexuell missbraucht wurden.
- TEPPICHWEBEN/MINENARBEIT/FABRIKARBEIT: Kinderarbeit in den besonders gefährlichen Berufszweigen nehme ab, sagt Zaved Rehman von der Kinderrechtsorganisation Butterflies in Neu Delhi. Gerade dort würden die bestehenden Gesetze durchgesetzt. Und auch das Bewusstsein der Käufer etwa von Teppichen sei hoch.
- HEIMARBEIT: Unzählige Kinder helfen ihren Eltern beim Rollen von Zigaretten oder stellen Räucherstäbchen her. Die Zahl der arbeitenden Kinder in den eigenen vier Wänden nehme zu, sagt Shanta Sinha, Ex-Vorsitzende der Nationalen Kommission zum Schutz der Kinderrechte in Indien. "Die Kinder machen zu Hause - zusammen mit ihren Eltern - Armreifen, Sandalen, Fußbälle, Kricket-Schläger", zählt sie auf.
- STEINBRÜCHE: Ganze Familien von Wanderarbeiten klopfen in Rajasthan Pflastersteine für Europa. Je mehr kleine Hände mit anpacken, desto mehr verdient die Familie - auch wenn es am Ende trotzdem nur zwei Euro pro Tag sind. Ähnlich ist es bei den Müllsammlern und in Ziegeleien aus. Viele Kinder seien Schuldknechte, etwa weil ihre Eltern sich für eine Arztbehandlung oder eine Hochzeit Geld liehen, sagt Bhuwan Ribhu von der Organisation Bachpan Bachao Andolan.
- TEXTILINDUSTRIE: "Sumangali" bedeutet "die glücklich verheiratete Frau". Im Süden Indiens versprechen Textilfabrikanten Mädchen Geld für die Hochzeit, wenn sie drei Jahre lang für sie arbeiten. Doch statt eines Starts in eine bessere Zukunft leiden die Mädchen oft unter Überstunden, Hunger und Eingesperrtsein. "Sumangali ist nichts anderes als Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft", sagt Karnam Kamaraj von der Organisation Read (Rights Education and Development Centre).
Von Doreen Fiedler, dpa - Bild: Indranil Mukherjee (afp)