Mit einem neuen Wahlrecht will Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel mehr Einwohner als bisher an politischen Entscheidungen im Großherzogtum beteiligen. "Ich will kein Demokratiedefizit haben", sagte der liberale Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Luxemburg.
Seine Regierung lässt am 7. Juni rund 245.000 Wahlberechtigte darüber abstimmen, ob künftig auch Ausländer Parlamentsabgeordnete wählen dürfen. Voraussetzung soll sein, dass sie mindestens zehn Jahre in Luxemburg leben und zuvor an einer Kommunalwahl teilgenommen haben.
Bei dem Referendum für eine Verfassungsreform soll auch über ein Wahlrecht ab 16 statt bisher 18 Jahren entschieden werden. Zudem sollen die Bürger ankreuzen, ob die Amtszeit von Ministern auf maximal zwei Amtszeiten (zehn Jahre) begrenzt werden soll.
Bettel begründete die Schaffung des in der EU bisher nicht existierenden "Einwohnerwahlrechts" bei Parlamentswahlen mit der "besonderen Situation" in dem Land: Gut 45 Prozent der Einwohner des Großherzogtums sind Ausländer. "Es geht einfach darum, dass eine Mehrheit der Bevölkerung mitbestimmen darf", sagte Bettel. Luxemburg ist mit rund 550.000 Einwohnern das zweitkleinste Land der EU nach Malta.
"Es ist für mich kein Ausländerwahlrecht, sondern ein Einwohnerwahlrecht", sagte Bettel. "Das heißt: Es sind keine Touristen, es sind Leute, die sich entschieden haben, ihr Leben in Luxemburg zu verbringen." Bettel, der seit Ende 2013 einer Koalition von Liberalen, Sozialisten und Grünen vorsteht, fügte hinzu: "Und man soll dort, wo man lebt, wo man seine Kinder erzieht, wo man zum Reichtum des Landes beiträgt, auch ein Recht bekommen."
Einer Umfrage zufolge sind 53 Prozent der Wahlberechtigten gegen das Ausländerwahlrecht. Das Wahlalter 16 wird sogar von 68 Prozent abgelehnt. Bei der Amtszeitbegrenzung für Minister sind die Luxemburger gespalten: 44 Prozent sind dagegen, 46 Prozent dafür. Das Ergebnis des Referendums wird in einem Vorschlag für eine neue Verfassung berücksichtigt, zu dem es wohl 2017 erneut eine Volksabstimmung geben soll.
"Im Moment haben wir mit dem Referendum schon gewonnen, egal was das Resultat ist", sagte Bettel. "Wir haben es fertiggebracht, dass wieder über Politik zusammen geredet wird." Ohne Einbindung der Ausländer seien voraussichtlich bei der nächsten Parlamentswahl 2018 weniger als 40 Prozent der Bevölkerung des Großherzogtums wahlberechtigt: "Aber meine Entscheidungen betreffen 100 Prozent der Bevölkerung. Deswegen finden wir es schon wichtig, dass man da eine Öffnung macht."
Er sei überzeugt, dass Luxemburg der Debatte innerhalb der EU über das nationale Ausländerwahlrecht "einen Kick geben" könne. Verschiedene Länder seien allerdings dafür noch "nicht reif". Er hoffe zudem stark auf ein Ja zur Amtszeitbegrenzung: "Ich säge ja an meinem eigenen Ast." Es sei aber wichtig, immer wieder Platz für neue Leute in der Politik zu machen.
dpa/vk/km - Bild: Thierry Roge/BELGA