Es war Ostern in London. Ein ruhiges Feiertagswochenende, als bei Scotland Yard ein automatischer Alarm aus dem sogenannten Diamanten-Viertel einging. "Nicht so eilig", dachten sich die Beamten. Schließlich geht in der Metropole ständig irgendwo eine gerade nicht ordentlich funktionierende Alarmanlage los.
Doch diesmal war der Alarm echt: Raffinierte Juwelendiebe hatten sich mit einem clever ausgeklügelten Plan Zugang zu einem Juwelenlager verschafft und 70 Kisten mit Schmuck im mindestens zweistelligen Millionenwert mitgehen lassen. Die britischen Medien konnten ihre versteckte Sympathie mit den Einbrechern nur mühsam verbergen.
Dem Beobachter drängte sich der Vergleich mit Halunken-Geschichten Marke Rififi auf, wie sie zigfach in Hollywood verfilmt wurden. Der Polizei auch. "Das war ein sehr ambitionierter Einbruch, gelinde gesagt", sagte Chefermittler Craig Turner unmittelbar nach Bekanntwerden der Tat. "Es sieht aus wie bei Oceans Eleven", erzählte er. "Wir sollten aber bedenken, dass es auch Opfer gibt."
Die Detektive von Scotland Yard, schon zu Zeiten von Sherlock Holmes gern zu schusseligen Prügelknaben degradiert, wollten die Schmach nicht auf sich sitzen lassen. Nach Wochen intensiver Suche kam schließlich am Dienstag die Erfolgsmeldung aus dem Hauptquartier des "Yards" in Westminster: Sieben Männer festgenommen, ein Teil der Beute sichergestellt.
200 Polizisten hatten bei einer Razzia in und um London in einer konzertierten Aktion an zwölf Stellen gleichzeitig zugeschlagen. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich offenbar um eine erfahrene alte Garde: Drei der Festgenommenen sind mit 76, 74 und 67 Jahren schon im Rentenalter, die anderen vier mit 59, 57, 50 und 48 Jahren auch keine Greenhorns mehr.
In Hatton Garden, dem Londoner "Diamanten-Viertel", werden seit vielen Jahrzehnten Gold und Edelsteine gehandelt - und gestohlen. Der Oster-Einbruch war in den vergangenen 50 Jahren mindestens der vierte im Millionenwert. Die Juweliere bewahren ihre Waren zur Sicherheit in eigens dafür eingerichteten und besonders geschützten Sicherheitslagern auf.
In solch ein Lager schafften die Kriminellen den Einbruch. Sie seilten sich erst durch einen Aufzugsschacht ab. Mit einer mehr als 4000 Euro teuren Bohrmaschine - der Bohrer mit einem Diamanten besetzt - brachen sie dann eine Öffnung in den über 20 Zentimeter dicken Stahlbeton des Lagers. Gerade groß genug, dass ein kleiner Mensch hindurchschlüpfen kann. Unbemerkt entkamen die Diebe mit der Millionenbeute.
So ausgeklügelt der Einbruch, so amateurhaft schien die Verwertung: Einen Großteil der Beute konnten die Einbrecher offenbar nicht zu Geld machen - die Polizei will nun alles sortieren und den Besitzern zurückgeben.
Von Michael Donhauser, dpa - Bild: British Metropolitan Police/AFP