Zu wenig Bewegung, schlechtes Essen und insgesamt eine ungesunde Lebensweise: Viele Menschen in Europa werden immer fetter. Umso alarmierender ist da der Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO, wonach in manchen Ländern bis 2030 kaum noch jemand normalgewichtig sein wird.
Spitzenreiter ist Irland, wo dann mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht nur übergewichtig, sondern fettleibig sein wird. Belgien liegt im europäischen Vergleich ganz unten auf der Skala. Die Experten gehen davon aus, dass 2030 rund 44 Prozent der Belgier übergewichtig sein werden. So "wenig" sind es sonst nur in den Niederlanden.
Zur Erinnerung: Übergewicht wird meistens mit dem sogenannten Body-Mass-Index gemessen. Der BMI bezieht das Körpergewicht einer Person auf das Quadrat ihrer Körpergröße. Ein Wert bis 25 gilt als normal, ab dann zählt eine Person als übergewichtig. Ab einem Wert von 30 zählt ein Mensch als fettleibig. In Belgien sind laut einer Studie des Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 2009 fast die Hälfte aller Erwachsenen übergewichtig. Davon sind 14,5 Prozent fettleibig, Tendenz seit 1997 steigend.
In der DG sehen die Zahlen ähnlich aus. Das merkt auch die Ernährungsberaterin Céline Schleck, die am Krankenhaus in St. Vith arbeitet. "Die Nachfrage nach einer Ernährungsberatung steigt. Ich denke, dass das Problem immer weiter wachsen wird - auch die Fälle von Erkrankungen, die Folge von Übergewicht sind, nehmen zu: Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und so weiter werden immer präsenter in unserer Gesellschaft."
Die Hauptursachen von Übergewicht sind klar: Es fehlt an Bewegung und an frischen Nahrungsmitteln. Darüber, ob es auch eine genetische Veranlagung zum Dicksein gibt, streiten Experten noch. Umso wichtiger ist es der WHO deshalb, dass Werbung und Etiketten auf Nahrungsmitteln künftig stärker reguliert werden. Denn wo "light" draufsteht, ist nicht unbedingt "light" drin.
Vorsicht vor Ernährungs-Fallen
"Wenn 'light' drauf steht, ist es oft absolut kein gesundes Produkt", erklärt Céline Schleck. "Bei Milchprodukten kann man schnell in die Fall tappen - die sind oft sehr stark gesüßt und enthalten viel Fett. Da kann man auf eine natürliche Ernährung achten. Zum Beispiel bei Joghurt: Naturjoghurt nehmen und ihn selber süßen, oder Früchte hinzufügen."
Bei der Kennzeichnung von Nahrungsmitteln ist Belgien laut WHO Musterschüler. So gibt es in Flandern ein Verbot für aggressive Werbung vor Programmen, die sich an Kinder bis zwölf Jahre richten. Und auch sonst gibt es viele Maßnahmen, wie zum Beispiel das Kilometergeld für jene, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Seit 2006 gibt es darüber hinaus einen nationalen Ernährungsplan, der Aktionen und Ziele für gesunde Ernährung definiert.
Ein gesundes Gewicht ist wichtig, denn vor allem im Alter gehen zahlreiche Erkrankungen auf zu viele Kilos zurück. "Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Lebensdauer durch Übergewicht und besonders durch Adipositas sinken kann. Besonders das Fett im Bauchraum wirkt sich sehr negativ auf Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Störungen aus. Bei Frauen hingegen ist zu viel Fett auf den Hüften zum Beispiel gesundheitlich kein Risiko."
Auch wenn die von der WHO vorhergesagte "Fettleibigkeits-Epidemie" ein ernstes Thema ist, sollte man also trotzdem nicht in Panik verfallen. Richtig abzunehmen bedeutet vor allem, seine Lebensweise langfristig umzustellen und nicht ins Null-Diät-Schema mit dem Jojo-Effekt zu verfallen. Und auch Céline Schleck bestätigt: "Es gibt keine Abkürzung zum Idealgewicht, nur dranbleiben hilft."
Am 6. Mai: Anti-Diät-Tag
Am internationalen Anti-Diät-Tag weisen Betroffene auf Gesundheitsrisiken durch falsches Abnehmen hin und rufen zum Kampf gegen Essstörungen auf. Viele Menschen liefen einem Schönheitsideal hinterher, das sich mit einem gesunden Lebensstil nicht vereinbaren lasse, warnen Vereine. Besonders die sogenannten Jo-Jo-Diäten könnten zu gesundheitlichen Schäden führen, wenn das Gewicht nach einer Hungerkur umso schneller wieder steigt.
Die britische Feministin Mary Evans Young initiierte den Tag nach einer überstandenen Magersucht. Seit 1992 wird der No-Diet-Day in vielen Ländern am 6. Mai begangen.
ake/km - Bild: Martin Ruetschi/AFP