Straßenbahnen und Busse bleiben stehen, Domglocken läuten, Schulen unterbrechen den Unterricht: Mit einer Schweigeminute wollen Menschen in Nordrhein-Westfalen um 10.53 Uhr der Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine in Frankreich gedenken. Zu diesem Zeitpunkt war am Dienstag die Funkverbindung zu Flug 4U 9525 abgebrochen. Viele Hinterbliebene machten sich von Düsseldorf aus einen Sonderflug auf den Weg zur Absturzstelle.
In Halter brannten auch in der Nacht zum Donnerstag Hunderte Kerzen im Gedenken an die 18 Schüler und Leherinnen, die in der Unglücksmaschine saßen. Unterdessen sorgen erste Berichte über die letzten Minuten an Bord der Maschine für Aufregung.
In Haltern am nördlichen Rand des Ruhrgebiets begann am Donnerstag der zweite Schultag nach dem Unglück. Wieder brannten hunderte Kerzen am Eingang zur Schule. In einer ganzseitigen Zeitungsanzeige erinnerte die Schule an die Opfer. "Unser tiefes Mitgefühl gilt den Eltern sowie allen Angehörigen und Freunden. Wir sind fassungslos und unsagbar traurig", hieß es in der Anzeige mit der Schulleitung, Schüler-, Lehrer und Elternvertreter ihre Fassungslosigkeit über das Unglück ausdrückten. Die Schüler und Lehrerinnen waren mit dem Flug nach einem Spanien-Austausch wieder auf dem Weg nach Hause.
Der Seelsorge-Koordinator in Haltern glaubt, dass es noch lange dauern wird, bis das Gymnasium wieder zum Alltag zurückfinden kann. "Es muss sich zeigen, ob die Osterferien wie eine Erholung wirken und die Menschen zu Kräften kommen können, oder ob die zwei Wochen nur eine Überbrückung des Grauens sind. Das wird ganz unterschiedlich sein", sagte Ingo Janzen, Koordinator der ökumenischen Notfallseelsorge in Haltern der Deutschen Presse-Agentur. Am Freitag beginnen in Nordrhein-Westfalen die Osterferien.
In immer mehr NRW-Städten wird inzwischen klar, dass einige der Opfer von dort stammten. Mehrere Kinder haben bei dem Unglück ihre Eltern verloren. Mehr als 50 der insgesamt 150 Todesopfer stammen aus Nordrhein-Westfalen.
Viele Hinterbliebene machten sich am Donnerstag auf dem Weg zur Absturzstätte. Vom Flughafen Düsseldorf startete kurz nach 9 Uhr ein Lufthansa-Airbus mit rund 50 Angehörigen. Mit an Bord war auch ein Betreuer-Team bestehend aus Seelsorgern, Ärzten und Psychologen. In Marseille würden die Hinterbliebenen an einem speziell eingerichteten Anlaufpunkt betreut, teilte die Lufthansa mit. Von Marseille aus sollen sie so nah wie möglich an die Unfallstelle gebracht werden.
Die Notfallnachsorger stehen vor schwierigen Aufgaben. "Jede Katastrophe ist eine Herausforderung", sagte die DRK-Koordinatorin für Kriseninterventionsteams, Marion Menzel. In diesem Fall sei die Absturzstelle aber kaum zugänglich, das mache es für die Trauernden noch schwerer. "Nichts ist für Hinterbliebene schlimmer, als nicht zu wissen, was passiert ist", sagt Menzel.
Helfer hatten am Mittwoch erste Opfer geborgen. Sterbliche Überreste der Getöteten seien von der Unglücksstelle weggebracht worden, bestätigte ein Polizeisprecher in Digne. Zugleich ging die Suche nach dem zweiten Flugschreiber in dem Trümmerfeld weiter. Ohne dessen Daten dürfte die Ermittlung der Absturzursache äußerst schwierig werden. Der Polizeisprecher in Digne ließ offen, wie viele Leichen geborgen wurden.
Der A320 mit der Flugnummer 4U9525 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf, als er über Südfrankreich minutenlang an Flughöhe verlor und am Bergmassiv Les Trois Evêchés zerschellte.
dpa/okr Bild: Sascha Schuermann (afp)