Wenige Tage vor dem 30. Jahrestag der Chemiekatastrophe von Bhopal ist aus einer Fabrik in der Nähe der indischen Stadt giftiges Gas ausgeströmt. Mindestens 41 Menschen hätten erbrochen und über Atemnot geklagt, teilten die Behörden am Sonntag mit. Vermutlich sei Chlorgas ausgeströmt. Die Arbeiter seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.
Das Unglück von Bhopal im Jahr 1984 ist eine der schlimmsten Chemiekatastrophen der Geschichte. Damals entwichen aus einer Pestizid-Fabrik Tonnen der hochgiftigen Verbindung Methylisocyanat und legten sich wie eine Decke über die Stadt. Nach Angaben von Menschenrechtlern starben mehr als 20.000 Menschen, Hunderttausende erkrankten.
Der jüngste Vorfall ereignete sich in einem Industriegebiet im Distrikt Raisen, etwa 25 Kilometer von Bhopal entfernt. "Die Arbeiter gerieten in Panik, als sie von dem Gasleck hörten", sagte der Leiter der Bezirksverwaltung, J.K. Jain, der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei dem Unfall vor 30 Jahren litten die Menschen in den betroffenen Gebieten zunächst unter Atemnot.
Vorfall nahe Mumbai
Bei einem weiteren Vorfall nahe Mumbai erkrankten mindestens 300 Menschen in einem Armenviertel der Stadt Ulhasnagar. Wie der Sender NDTV berichtete, war Giftmüll in Kanäle des Slums gekippt worden. Die Bewohner in der Nähe hätten die giftigen Dämpfe dann eingeatmet.
In Indiens Hauptstadt Neu Delhi sagte der Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Salil Shetty, die Opfer der Giftgaskatastrophe von Bhopal sollten endlich ausreichend Entschädigung erhalten. "Ich komme gerade von einem Treffen mit den betroffenen Familien, und muss leider sagen, dass sich in ihren Leben kaum etwas verbessert hat." Viele der Angehörigen von Toten erhielten nur einmalig 100.000 Rupien (heute 1300 Euro), Verletzte oft ein Vielfaches weniger.
Shetty beklagte, der Giftmüll aus der Pestizid-Produktion, der schon vor dem Gasunglück in Bhopal abgeladen wurde, sei noch immer nicht beseitigt. Bis heute verunreinige er das Grundwasser. "30 Jahre sind lange genug. (Die Opfer) können nicht noch länger auf Entschädigung, Gesundheitsversorgung und sauberes Wasser warten." In den Gebieten rund um die Fabrik sei die Zahl der Menschen mit Krebs und Atemwegserkrankungen höher als sonst, außerdem hätten viele Frauen eine unregelmäßige Menstruation und eine zu frühe Menopause. "In Bhopal muss endlich aufgeräumt werden."
dpa - Bild: Indranil Mukherjee (afp)