Überlebende Passagiere der Unglücksfähre "Sewol" haben vor Gericht harte Strafen für die Schiffsbesatzung gefordert. Laut den Zeugenaussagen ließ die Crew die Insassen beim Untergang des Schiffs im Stich. "Rund 30 Schulkameraden standen in einer Reihe in einem Gang, der zu einem Notausgang führte. Sie warteten auf Hilfe. Da keine Rettung kam, sprang ein Schüler nach dem anderen ins Meer. Nachdem ich sprang, schlug eine Welle auf den Ausgang, weshalb die übrigen zehn Passagiere nicht rauskommen konnten", sagte ein Schüler per Videoübertragung am Montag.
Im Prozess gegen den Kapitän und Crewmitglieder wurden erstmals sechs überlebende Schüler befragt. Mehrere Jugendliche gaben an, sie hätten das sinkende Schiff verlassen wollen, aber keine Hilfe von der Besatzung bekommen. Eine Schülerin berichtete, die Küstenwache habe in unmittelbarer Nähe zum Schiff nur Passagieren im Wasser geholfen. "Sie schauten regungslos auf die sinkende Fähre. Sogar nachdem ich sagte, dass noch viele im Schiff sind", berichtete sie.
Viele Leben hätten nach den Aussagen der Schüler gerettet werden können, falls die Besatzung die Passagiere angewiesen hätte, das Schiff zu evakuieren. Die Schüler seien stattdessen aufgefordert worden, in den Kabinen zu bleiben, auch nachdem das Schiff schon zu sinken begonnen hatte. In dem Prozess sollen bis Dienstag insgesamt 23 Schüler unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört werden, wie die nationale Nachrichtenagentur Yonhap am Montag berichtete.
Die "Sewol" war am 16. April mit 476 Menschen an Bord vor der Südwestküste Südkoreas gekentert, mindestens 292 Menschen kamen dabei ums Leben. Noch immer gelten zwölf Insassen als vermisst. Die meisten Fahrgäste waren Schüler auf einem Ausflug. 15 Besatzungsmitglieder müssen sich nun vor Gericht verantworten. Der Kapitän und drei andere sind wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt. Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes droht ihnen die Todesstrafe. Die restlichen Crewmitglieder müssen sich unter anderem wegen Fahrlässigkeit verantworten.
Die Reederei soll die Fähre aus Profitgier regelmäßig überladen haben, weshalb sich auch mehrere Manager in einem getrennten Verfahren verantworten müssen.
dpa - Bild: Ed Jones (afp)